04. August, 2025

Politik

Renten-Schock mit Ansage: Warum die Beiträge bald explodieren könnten

Eine Gruppe renommierter Ökonomen warnt vor dem Kollaps der Rentenkasse – und fordert drastische Reformen. Die Zeit der Rentenillusionen ist vorbei.

Renten-Schock mit Ansage: Warum die Beiträge bald explodieren könnten
Noch immer nutzen jährlich rund 250.000 Menschen den frühzeitigen Renteneintritt – laut Ökonomen ein „Luxus“, den sich das System angesichts der demografischen Entwicklung nicht mehr leisten kann.

Es ist ein Satz, der in seiner Kürze mehr Alarm auslöst als manch ganzer Koalitionsvertrag:

„Eine umfassende Reform des deutschen Rentensystems ist unausweichlich.“

So steht es in einem aktuellen Gutachten führender Wirtschaftsforscher, darunter der Direktor des Ifo-Instituts Dresden, Marcel Thum, sowie der Wirtschaftsweise Martin Werding. Im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung analysieren sie darin das wohl größte finanzielle Zeitproblem Deutschlands – die Rentenversicherung.

Das Problem ist bekannt, aber ungelöst

Deutschland altert. Schon heute finanzieren rund 1,7 Beitragszahler eine Rente. Bis 2035 dürfte dieses Verhältnis auf 1:1 sinken. Gleichzeitig steigen Lebenserwartung und Rentenbezugsdauer, während die Zahl der Erwerbstätigen schrumpft. Trotzdem scheut die Politik seit Jahren vor tiefgreifenden Einschnitten zurück.

Das neue Gutachten bringt nun konkrete Vorschläge auf den Tisch: Abschaffung der Rente mit 63, Kopplung des Rentenalters an die Lebenserwartung, stärkere Berücksichtigung der Nachhaltigkeit in der Rentenformel und eine inflationsbezogene Anpassung von Bestandsrenten.

Ohne Rentenreform drohen steigende Beiträge | ifo Institut
Das Rentensystem in Deutschland muss dringend reformiert werden. Sonst steigen die Kosten ungebremst an und die Lasten für kommende Generationen werden unzumutbar. Das ist das Fazit eines Gutachtens des ifo Instituts für die Friedrich Naumann Stiftung. „Deutschland steht vor einer dramatischen demografischen Herausforderung. Ohne Reformen droht der Beitragssatz in der gesetzlichen Rentenversicherung bis 2050 von 18,6% auf 22% zu steigen – mit gravierenden Folgen für Beschäftigte und Unternehmen“, warnt Marcel Thum, Geschäftsführer der ifo Niederlassung Dresden und Ko-Autor des Gutachtens.

Ohne Reformen droht der Beitragssatz zu explodieren

Studienautor Thum beziffert die Kosten der Reformverweigerung klar: Ohne strukturelle Gegenmaßnahmen werde der Beitragssatz von heute 18,6 Prozent bis 2050 auf 22 Prozent steigen.

Die Ausgaben der gesetzlichen Rentenversicherung würden dann über elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) betragen – ein kaum tragbares Niveau für Arbeitnehmer und Unternehmen.

Bleiben die Reformen jedoch nicht aus, könnte das Ausgabenniveau langfristig bei rund zehn Prozent des Sozialprodukts stabilisiert werden.

Die Ampel in der Rentenfalle

Für die Bundesregierung ist das Gutachten ein ungemütlicher Weckruf. Zwar garantiert der Koalitionsvertrag ein Rentenniveau von 48 Prozent, und das Renteneintrittsalter soll bei 63 Jahren bleiben.

Doch genau diese politischen Versprechen verfestigen laut Experten eine Schieflage: Wer heute mit 63 in Rente geht, bezieht im Schnitt fast 20 Jahre lang Zahlungen aus der Rentenkasse – bei stagnierender Beitragsbasis.

SPD-Chef Lars Klingbeil hatte schon vor seiner Ernennung zum Finanzminister Reformen angeregt und eine Ausweitung des Beitragszahlerkreises ins Spiel gebracht. Doch der politische Spielraum für unbequeme Entscheidungen ist gering, zumal eine alternde Wählerschaft Reformen oft skeptisch begegnet.

Eine politische Frage mit sozialer Sprengkraft

Die Rente wird damit zur Gerechtigkeitsfrage: Wie lange muss ein Mensch arbeiten? Wer soll wie viel in die Kasse einzahlen – und wie viel erhalten? Und wie kann das System in einer alternden Gesellschaft stabil bleiben, ohne die junge Generation zu überfordern?

Die Autoren des Gutachtens liefern keine einfachen Antworten, aber sie fordern Ehrlichkeit: "Je länger notwendige Reformen aufgeschoben werden, desto höher werden die Lasten für künftige Generationen."

Das Fenster für echte Reformen schließt sich

Der demografische Wandel ist kein Zukunftsthema mehr, sondern Realität. Die gesetzliche Rente braucht mehr als kosmetische Eingriffe – sie braucht eine Generalüberholung. Die Frage ist nicht, ob reformiert wird, sondern wann. Und wer es politisch wagt.

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