Moskau eskaliert erneut im Wirtschaftskrieg
Während westliche Unternehmen nach dem Einmarsch in die Ukraine in Scharen den russischen Markt verließen, sind einige IT-Dienste im Land geblieben oder zumindest technisch weiterhin verfügbar.
Das ist Kremlchef Wladimir Putin ein Dorn im Auge. Bei einem Treffen mit russischen Unternehmern forderte er nun offen Vergeltung – in drastischen Worten.
„Man muss sie einfach erwürgen. Ich stimme vollkommen zu“, so der russische Präsident, angesprochen auf verbliebene Angebote von Microsoft und Zoom. Beide Konzerne hatten offiziell bereits 2022 ihren Rückzug aus Russland erklärt – praktisch aber lassen sich ihre Produkte vielerorts weiterhin nutzen.
Milliardenverluste für russische Firmen?
Auslöser für Putins Wutausbruch war die Beschwerde von Stanislaw Jodkowski, Chef eines russischen Videokonferenz-Anbieters.
Dieser klagte, dass ausländische Konkurrenzprodukte nach wie vor auf dem russischen Markt erhältlich seien – etwa durch technische Umgehungen oder bestehende Altverträge. Das koste heimische Firmen „Milliarden“, so Jodkowski.
Putin nahm die Vorlage dankbar auf. „Wir haben ihnen die besten Bedingungen geboten. Und was machen sie? Sie versuchen, uns zu ersticken“, sagte er und forderte, in gleichem Maße zurückzuschlagen: „Wir müssen spiegelbildlich handeln.“

Was Russland meint – und was es riskiert
Ob Putin damit bloßen Symbolismus bedient oder konkrete neue Maßnahmen vorbereitet, bleibt offen. Doch schon jetzt zeigt sich, wie eng wirtschaftlicher Nationalismus und technologische Autarkie in Moskau verknüpft sind.
Bereits mehrfach kündigte die Regierung an, westlichen Unternehmen eine Rückkehr in den russischen Markt zu erschweren oder gar unmöglich zu machen.
Industrie- und Handelsminister Anton Alikhanov machte im Februar deutlich: „Wer gegangen ist, wird nicht mit offenen Armen empfangen.“ Ein Comeback dürfe sich kein Konzern mehr leicht ausmalen – es werde einen Preis haben.
Microsoft & Zoom: Teilausstieg oder Schattengeschäft?
Tatsächlich hatten sowohl Microsoft als auch Zoom bereits 2022 ihre Geschäfte in Russland offiziell eingestellt. Microsoft schloss sein Büro, stoppte Neuverkäufe und zog sich gemäß westlicher Sanktionen weitgehend zurück.
Dennoch ist unklar, wie stark Produkte wie Microsoft Teams oder Office365 noch genutzt werden – häufig über Cloud-Umwege oder Drittanbieter.
Zoom wiederum verbot ab April 2022 seinen Vertriebspartnern, Regierungsstellen in Russland zu beliefern. Später wurden keine neuen Lizenzen mehr verkauft.
Dennoch kassierte Zoom im Oktober 2023 eine Strafe in Höhe von 115 Millionen Rubel (rund 1,2 Mio. €), weil es laut russischem Gericht ohne lokales Büro tätig gewesen sei.
Ein Land zwischen Autarkie und Isolation
Die scharfe Rhetorik Putins ist Teil einer langfristigen Strategie: Russland will sich von westlicher Technologie entkoppeln – im Namen digitaler Souveränität. Doch der wirtschaftliche Preis dafür ist hoch. Mehr als 470 internationale Unternehmen haben das Land seit Februar 2022 komplett verlassen, so die Datenbank Leave Russia der Kyiv School of Economics. Der Verlust an Innovationskraft und Investitionen ist enorm.
Zugleich wächst in Moskau die Sorge, dass die verbliebenen Technologien die Entstehung nationaler Alternativen ausbremsen. Die Folge: Die russische Regierung zieht die Daumenschrauben an – nicht nur politisch, sondern zunehmend auch ökonomisch.
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