Wladimir Putin erhöht den Druck, noch bevor Diplomatie überhaupt eine Bühne bekommt. Unmittelbar vor den geplanten Gesprächen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und US-Präsident Donald Trump droht Moskau offen mit der Fortsetzung des Krieges – und koppelt diese Drohung an neue militärische Erfolge, die Kiew umgehend bestreitet.
Der russische Präsident ließ erklären, alle Ziele in der Ukraine würden notfalls militärisch durchgesetzt, sollte die Führung in Kiew keine „friedliche Lösung“ anstreben. Die Wortwahl ist bekannt, der Zeitpunkt nicht. Putins Botschaft richtet sich weniger an Selenskyj als an Washington.
Moskau verbindet Drohungen mit militärischer Machtdemonstration
Die Erklärung folgte auf einen massiven russischen Drohnen- und Raketenangriff, der in mehreren Regionen der Ukraine Schäden verursachte. Selenskyj sprach anschließend von einem demonstrativen Signal Moskaus, den Krieg fortsetzen zu wollen. Für Kiew ist klar: Russland versucht, vor möglichen Gesprächen Fakten zu schaffen – militärisch wie rhetorisch.
Der Kreml flankierte Putins Aussage mit Berichten über angebliche Geländegewinne. Bei einem Inspektionsbesuch hätten Kommandeure dem Präsidenten gemeldet, russische Truppen hätten mehrere Städte in den Regionen Donezk und Saporischschja eingenommen. Die Informationen wurden über den offiziellen Telegram-Kanal des Kremls verbreitet.
Ukrainisches Militär weist russische Geländegewinne zurück
Die ukrainischen Streitkräfte widersprachen umgehend. Insbesondere die Angaben zu Huljajpole und Myrnograd seien falsch, hieß es aus Kiew. In Huljajpole dauerten schwere Kämpfe an, ein russischer Durchbruch sei nicht erfolgt. Solche widersprüchlichen Lagebilder gehören längst zum Alltag dieses Krieges – sie sind Teil der Informationsstrategie beider Seiten.
Für Russland erfüllen die Meldungen dennoch einen Zweck: Sie untermauern Putins Kernbotschaft, dass Moskau militärisch nicht unter Zugzwang steht und keinen Anlass sieht, vor Verhandlungen Zugeständnisse zu machen.
Der Kreml adressiert indirekt Washington
Dass Putin seine Drohung ausgerechnet vor einem Treffen von Selenskyj mit Donald Trump platziert, ist kein Zufall. Trump gilt als unberechenbarer Faktor in der westlichen Ukraine-Politik. Moskau testet, ob sich unter einem möglichen künftigen US-Präsidenten neue Spielräume eröffnen.

Putins Satz, Russland werde seine Ziele notfalls militärisch erreichen, ist dabei weniger an Kiew gerichtet als an Washington. Die Botschaft: Wer Frieden will, muss russische Bedingungen akzeptieren. Andernfalls eskaliert der Krieg weiter – unabhängig von westlichen Gesprächsangeboten.
Schweigen aus dem Weißen Haus verstärkt die Unsicherheit
Das Weiße Haus reagierte zunächst nicht auf eine Bitte um Stellungnahme zu Putins Äußerungen. Dieses Schweigen fügt sich in eine Phase strategischer Zurückhaltung. Washington will dem Treffen zwischen Selenskyj und Trump nicht vorgreifen und vermeidet öffentliche Positionierungen, die als Einmischung in den innenpolitisch aufgeladenen US-Wahlkampf gelesen werden könnten.
Für Moskau ist genau diese Zurückhaltung ein Signal. Jede Verzögerung, jede Unklarheit auf westlicher Seite vergrößert den Spielraum des Kremls, militärischen Druck als politisches Instrument einzusetzen.
Putins Kalkül bleibt unverändert
Die russische Führung verfolgt weiterhin eine klare Linie: Verhandlungen ja, aber nur aus einer Position der Stärke. Militärische Drohungen, angebliche Geländegewinne und gezielte Angriffe dienen dazu, diese Stärke zu demonstrieren – nach innen wie nach außen.
Während Selenskyj auf internationale Unterstützung und diplomatische Gespräche setzt, macht Putin deutlich, dass er den Krieg nicht als Übergangsphase betrachtet, sondern als legitimes Mittel zur Durchsetzung politischer Ziele. Das Treffen zwischen Trump und Selenskyj findet damit unter maximalem Druck statt – erzeugt nicht durch Worte, sondern durch Raketen.


