04. September, 2025

Politikerbeleidigung im Netz: BKA-Meldestelle verzeichnet Rekordzahlen

Die zentrale BKA-Meldestelle für strafbare Inhalte leitet immer häufiger Fälle nach §188 StGB an die Justiz weiter – fast jeder zweite gemeldete Beitrag betrifft inzwischen Angriffe auf Politiker. Kritiker warnen vor Schieflagen und möglicher Überlastung der Strafverfolgung.

Politikerbeleidigung im Netz: BKA-Meldestelle verzeichnet Rekordzahlen
Explosion der Verfahren: Im ersten Halbjahr 2025 übertraf die Zahl der „Politikerbeleidigungen“ bereits das gesamte Vorjahr – ein Plus von fast 250 Prozent in nur 15 Monaten.

Rasanter Anstieg innerhalb weniger Quartale

Die Zahlen sind deutlich: Während die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) im ersten Quartal 2024 noch 468 Fälle von Politikerbeleidigungen registrierte, waren es im ersten Quartal 2025 bereits 1.690 – ein Anstieg um fast 250 Prozent.

Im zweiten Quartal dieses Jahres blieben die Zahlen mit 1.528 Fällen weiter hoch. Damit übertraf allein das erste Halbjahr 2025 schon den Wert des gesamten Vorjahres.

Parallel verschob sich die Gewichtung. Lag der Anteil der Politikerbeleidigungen Anfang 2024 noch bei 16 Prozent aller an die Justiz übergebenen Verdachtsfälle, kletterte er zuletzt auf fast 45 Prozent.

Rückgang bei Volksverhetzung und Symbolen

Bemerkenswert ist, dass andere Deliktbereiche im gleichen Zeitraum zurückgingen. Die weitergeleiteten Fälle von Volksverhetzung fielen von 778 auf 344. Auch das Verwenden verfassungsfeindlicher Symbole wurde seltener gemeldet.

Damit entwickelt sich die Arbeit der ZMI klar in Richtung einer Schwerpunktsetzung auf §188 StGB – ein Paragraf, der die Beleidigung von Politikern und Personen des öffentlichen Lebens unter besonderen Schutz stellt.

Schwerpunkt auf „rechte“ Inhalte

Die Bundesregierung legt offen, dass die meisten Meldungen in den vergangenen vier Jahren dem Phänomenbereich „rechts“ zugeordnet wurden: 22.957 Fälle zwischen Juni 2021 und Juli 2025. Weit abgeschlagen folgen ausländische Ideologien (3.120 Fälle), religiöser Extremismus (514 Fälle) und linker Extremismus (233 Fälle).

Damit ergibt sich ein massives Ungleichgewicht. Kritiker stellen die Frage, ob dies ein realistisches Abbild der Online-Kommunikation darstellt oder ob es an der Struktur der Meldestellen liegt.

Einseitige Zuordnung: Über 22.900 Fälle wurden seit 2021 als „rechts“ eingestuft – linker Extremismus kommt in der Statistik mit nur 233 Meldungen praktisch nicht vor.

Dominanz weniger Zuträger

Tatsächlich stützt sich die ZMI stark auf nur wenige Partner. Fast die Hälfte aller Fälle (45,8 Prozent) stammt von der Meldestelle „HessenGegenHetze“. An zweiter Stelle folgt die Initiative „REspect!“ mit 38,5 Prozent. Die übrigen drei offiziellen Zuträger liefern zusammengenommen weniger als 20 Prozent aller Hinweise.

AfD-Abgeordneter Martin Renner, der die Anfrage an die Bundesregierung stellte, sieht hierin eine „erschreckende Schieflage“. Wenn die Statistik im Wesentlichen von zwei Stellen geprägt werde, könne von einer neutralen Gesamterfassung keine Rede sein.

Zwischen Schutz und politischer Schlagseite

Die Bundesregierung verteidigt die Arbeit der ZMI als wichtigen Baustein gegen Hassrede. Doch die Zahlen werfen Fragen auf: Wo verläuft die Grenze zwischen konsequentem Schutz von Amtsträgern und einem überproportionalen Fokus auf bestimmte politische Richtungen?

Fest steht: Die Zahl der Ermittlungsverfahren wegen Politikerbeleidigung explodiert – während andere Straftatbestände im Netz an Bedeutung verlieren. Ob das die Demokratie stärkt oder die öffentliche Debatte einengt, ist längst zur Streitfrage geworden.

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