Vor vier Jahren überboten sich Interessenten noch in schwindelerregenden Bieterschlachten, verzichteten auf Gutachten und kauften Häuser im Schnellverfahren – getrieben von der Angst, leer auszugehen. Heute zeigt sich ein anderes Bild: 2025 gilt als das Jahr der kalten Füße. Immer mehr Amerikaner ziehen kurz vor der Unterschrift zurück.
Nach Daten des Maklers Redfin platzten allein im Juli 15,2 Prozent aller Immobilienkäufe – der höchste Wert seit Beginn der Erhebungen im Jahr 2017. In Pandemiezeiten lag die Quote zeitweise bei nur 11,6 Prozent.
Die Entwicklung ist ein Indikator für das wachsende Misstrauen gegenüber den eigenen finanziellen Spielräumen und den unübersichtlichen Marktbedingungen.
Hohe Zinsen, fallende Preise
Der wichtigste Faktor ist die Finanzierung. Während Käufer 2021 noch Kredite mit unter drei Prozent Zinsen bekamen, liegt die Hypothekenrate heute bei etwa 6,6 Prozent. Für ein durchschnittliches Haus bedeutet das Mehrkosten von mehreren Hundert Dollar pro Monat – ein Schlag für Haushalte, deren Einkommen mit der Inflation ohnehin kaum Schritt hält.
Gleichzeitig bleibt die Preisdynamik widersprüchlich. In einigen Regionen sinken die Preise, was Käufer auf günstigere Gelegenheiten hoffen lässt. Andere Märkte verharren auf pandemiebedingten Hochs. Das Ergebnis: Zögern und Rückzieher. Wer jetzt ein Haus kauft, fürchtet, in wenigen Monaten günstiger davonzukommen.

Regionale Hotspots des Rückzugs
Am stärksten betroffen sind Märkte mit hoher Bautätigkeit. In San Antonio scheiterten im Juli fast 23 Prozent aller Kaufverträge, in Fort Lauderdale 21,3 Prozent und in Jacksonville knapp 20 Prozent. In vielen dieser Regionen treiben Neubauten das Angebot nach oben, während Käufer dank Auswahl und Verhandlungsmacht wählerischer werden.

Maklerin Rhonda Forte aus Fort Worth bringt es auf den Punkt: „Wir haben viele Häuser im Angebot. Wenn Interessenten das eine nicht wollen, gehen sie einfach zum nächsten.“
Psychologie des Kaufabbruchs
Neben nüchternen Kalkulationen spielt auch Unsicherheit eine Rolle. Jobängste, teurer werdende Versicherungen oder schlichtes Unbehagen angesichts der Wirtschaftslage lassen viele Amerikaner zurückschrecken. Cancellings häufen sich besonders in der Phase zwischen Angebot und Closing, wenn noch Inspektionen, Bewertungen und Finanzierungsprüfungen laufen.
„Niemand möchte derjenige sein, der kauft – und kurz darauf fallen die Preise“, erklärt Analystin Cara Lavender vom Beratungsunternehmen John Burns.
Käufer hätten aktuell so viele Optionen wie seit Jahren nicht.
Folgen für Verkäufer
Für Verkäufer ist die neue Realität bitter. Wer sein Haus anbietet, muss mit Preisnachlässen, Zugeständnissen bei Reparaturen oder sogar Zuschüssen zu Finanzierungskosten kalkulieren.

Vor allem gegen die Rabatte der großen Bauunternehmen können private Anbieter kaum konkurrieren. In Umfragen berichten viele Makler, dass selbst Bauherren inzwischen die Preise senken – etwas, das lange undenkbar war.
Ausblick: Ein Markt im Schwebezustand
Noch ist offen, ob Käufer ihre Verhandlungsmacht behalten. Zwar deuten sinkende Zinsen zuletzt auf eine leichte Entspannung hin. Gleichzeitig nehmen viele Eigentümer ihre Immobilien lieber vom Markt, anstatt mit deutlichen Abschlägen zu verkaufen. Realtor.com zufolge wurden im Juni auf 100 neue Listings bereits 21 wieder zurückgezogen – fast 50 Prozent mehr als im Vorjahr.
Das Bild bleibt widersprüchlich: Auf der einen Seite erschwinglichere Kredite, auf der anderen Seite anhaltendes Misstrauen in die Stabilität der US-Wirtschaft. Die zentrale Frage lautet, ob das „Zittern vor dem Kauf“ bald nachlässt – oder ob 2025 tatsächlich als das Jahr in die Statistik eingeht, in dem selbst unterschriebene Hausdeals keine Sicherheit mehr boten.
Das könnte Sie auch interessieren:
