Ein perfekter Sturm für Big Pharma
Für die Pharmabranche brechen unruhige Zeiten an. Mit einem Federstrich hat Donald Trump 100-Prozent-Zölle auf Medikamentenimporte in die USA angekündigt – und gleichzeitig die Hersteller gedrängt, ihre Preise auf dem Heimatmarkt zu senken. Die Kombination ist toxisch: Margen schrumpfen, Geschäftsmodelle geraten ins Wanken.
Hinzu kommt Gesundheitsminister Robert F. Kennedy, der mit unbedachten Äußerungen regelmäßig die Aktienkurse von Impfstoffherstellern in Turbulenzen schickt. Alles zusammen ergibt das, was Analysten nüchtern als „Multikrisen-Szenario“ beschreiben – und was viele Manager hinter vorgehaltener Hand schlicht einen Albtraum nennen.

Die Rechnung für jahrzehntelange Überrenditen
Zweistellige operative Renditen galten in der Pharmaindustrie bislang als selbstverständlich. Doch diese goldene Zeit könnte vorbei sein. Um Trumps Drohungen zu entkräften, werden die Konzerne kaum um Preissenkungen in den USA herumkommen. Wer die Strafzölle vermeiden will, muss zudem in den Aufbau neuer Produktionskapazitäten vor Ort investieren.
Beides zusammen kostet – und zwar massiv. Die Kalkulation globaler Pharmakonzerne, Gewinne aus den USA zu maximieren und Verluste in Europa durch höhere Margen abzufedern, droht nicht mehr aufzugehen.
Europa zahlt die Zeche
Während Trump mit harter Hand für niedrigere Medikamentenpreise in den USA kämpft, dürfte die Rechnung auf der anderen Seite des Atlantiks präsentiert werden. Viele europäische Manager sprechen inzwischen offen aus, was lange nur gemutmaßt wurde: Steigen die Kosten in den USA, werden sie in Europa kompensiert. Für die Patienten bedeutet das höhere Arzneimittelpreise – und für die Gesundheitssysteme zusätzlichen Druck.

Wahlkampf als Treibstoff
Die Motivation des US-Präsidenten ist durchsichtig. Mit Blick auf die Kongresswahlen im kommenden Jahr will Trump sich als Kämpfer gegen „überteuerte Medikamente“ inszenieren. Das Argument, dass Arzneimittel in den USA im internationalen Vergleich überdurchschnittlich teuer sind, ist korrekt.
Die kurzfristige Wirkung seiner Zölle bleibt dennoch fraglich. Denn viele Konzerne haben längst vorgebaut: In den vergangenen Monaten wurden Lagerbestände in den USA massiv aufgestockt. Experten schätzen, dass Vorräte für neun bis zwölf Monate vorhanden sind – eine Art Schonfrist, bevor die Maßnahmen ihre volle Wucht entfalten.
Keine Rückkehr in die alte Welt
Wer darauf hofft, dass der Sturm sich nach Ablauf der Lagerbestände einfach legt, täuscht sich. Die geopolitische Richtung ist klar: Trump will ausländische Konzerne in die USA zwingen, Arbeitsplätze schaffen und Investitionen binden. Pharmafirmen, die dem nicht folgen, riskieren Strafzölle und Marktverluste im wichtigsten Absatzland der Welt.
Für eine Branche, die jahrzehntelang auf hohe Margen und ein quasi unantastbares Geschäftsmodell bauen konnte, beginnt eine neue Ära. Die schöne Welt der Pharma-Renditen – sie ist Geschichte.
