Mitten in der Debatte um die Zukunft der Bundeswehr hat Außenminister Johann Wadephul (CDU) für politischen Sprengstoff gesorgt. Der Außenminister sprach sich am Mittwoch klar für die sofortige Wiedereinführung der Wehrpflicht aus – ein Schritt, den viele in Berlin bislang für kaum durchsetzbar hielten. „Ich bin für die sofortige Wehrpflicht“, betonte Wadephul in einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Damit stellt sich der CDU-Mann offen gegen die Linie der Bundesregierung, die bislang auf ein freiwilliges Wehrdienstmodell setzt. Ein entsprechender Gesetzentwurf soll in der kommenden Woche erstmals im Bundestag beraten werden.
Hintergrund: Die Ampel plant ein Freiwilligenmodell
Das Kabinett von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hatte im August ein neues Wehrdienstkonzept beschlossen. Vorgesehen ist ein freiwilliger Einstieg in die Bundeswehr, verbunden mit einer Ausweitung von Rekrutierungs- und Ausbildungsprogrammen. Sollte der Personalbedarf damit nicht gedeckt werden, behält sich die Regierung vor, zu einem späteren Zeitpunkt doch über die Einführung einer Pflicht nachzudenken.
Wadephul hingegen hält diesen Kurs für zu zögerlich. Angesichts der sicherheitspolitischen Lage in Europa – mit Russlands Krieg in der Ukraine und wachsender Instabilität im Nahen Osten – müsse Deutschland sofort handeln. „Die Regierung hat Vorschläge gemacht, jetzt sollen die Fraktionen verhandeln und entscheiden, wie das Gesetz aussieht“, erklärte der Außenminister.
Wehrpflicht seit 2011 ausgesetzt
Deutschland hatte die Wehrpflicht 2011 ausgesetzt – ein Schritt, der in der Praxis das Ende sowohl des klassischen Wehr- als auch des Zivildienstes bedeutete. Seither versucht die Bundeswehr, ihren Nachwuchs über freiwillige Bewerbungen zu sichern. Statt des Zivildienstes wurde der Bundesfreiwilligendienst eingeführt.
Doch seit Jahren kämpft die Armee mit Nachwuchsproblemen. Die Personalstärke liegt derzeit bei rund 181.000 Soldatinnen und Soldaten – das Ziel von 203.000 ist weit entfernt.
Koalition vor einer Grundsatzfrage
Mit Wadephuls Vorstoß wird nun offen über einen Systemwechsel debattiert. Während die Union traditionell mehr Sympathien für die Wehrpflicht zeigt, gilt sie bei SPD, Grünen und FDP als politisch heikel. Vor allem bei den Grünen ist der Widerstand groß.
In der Union ist Wadephul indes nicht allein: Schon länger fordern Verteidigungspolitiker eine Rückkehr zur Pflicht. Auch Kanzler Friedrich Merz hatte in den vergangenen Monaten signalisiert, dass er sich eine Debatte darüber vorstellen könne.
Symbolik und Realität
Die Diskussion über die Wehrpflicht berührt mehr als nur die Personalplanung der Bundeswehr. Sie geht ins Grundsätzliche: Welche Rolle soll Deutschland künftig in der Sicherheitspolitik spielen? Reicht eine Freiwilligenarmee in Zeiten zunehmender Bedrohung, oder braucht es die „Pflicht“, um die Verteidigungsfähigkeit des Landes zu sichern?
Wadephuls Forderung dürfte die Beratungen im Bundestag verschärfen. Eine schnelle Einigung ist unwahrscheinlich – zu groß sind die Unterschiede innerhalb der Ampel-Koalition. Klar ist aber auch: Mit seiner Wortmeldung hat der Außenminister die Wehrpflicht-Frage zurück ins Zentrum der deutschen Politik geholt.
Und eines ist jetzt schon sicher: Diese Debatte wird nicht leise verlaufen.
