22. Juni, 2025

Unternehmen

PayPal greift an – und Deutschland wird zum Testlabor

In deutschen Läden mit PayPal zahlen? Was nach Zukunft klingt, ist ab sofort Realität. Mit massiven Rabatten, aggressivem Marketing und einem Trick gegen Apple startet der US-Konzern seine größte Produktoffensive – mitten im Revier der Konkurrenz.

PayPal greift an – und Deutschland wird zum Testlabor
Seit Inkrafttreten des Digital Markets Act darf PayPal auf die NFC-Schnittstelle des iPhones zugreifen – und umgeht so Apple Pay. Das spart Gebühren, sorgt aber für technische Probleme.

PayPal hat Deutschland auserkoren – nicht als Versuchskaninchen, sondern als Startrampe für eine neue Ära. Während die 36 Millionen Nutzerinnen und Nutzer der Bezahl-App bisher fast ausschließlich online aktiv waren, will der US-Riese nun direkt an die Ladenkasse.

Mit „PayPal in Store“ startet erstmals eine Bezahlfunktion, die auch im stationären Einzelhandel funktioniert. Und die Botschaft ist klar: PayPal will mehr – und Deutschland ist der erste Prüfstein.

Kablitz gibt Gas – die größte Kampagne der Firmengeschichte

Hinter der Offensive steht Jörg Kablitz, Deutschlandchef des US-Konzerns. Er hat das digitale Portemonnaie über Jahre im Hintergrund gepflegt, nun soll es zur Allzweckwaffe werden.

Die neue Bezahlfunktion – inklusive Ratenkaufoption – wird von der größten Marketingkampagne begleitet, die PayPal je gefahren hat. Und das ist keine Floskel: Täglich wechselnde Rabattaktionen, Cashback-Angriffe auf Baumärkte, Kinos und Modehändler, eine monatelange Werbeschlacht über alle Kanäle hinweg.

PayPal war in Deutschland lange nur Online-Zahldienst. Nun startet ausgerechnet hier der erste Test für das Bezahlen im Laden – mit massiven Rabatten und aggressivem Marketing.

Ein Beispiel: Wer bei Obi, CinemaxX oder Deichmann zahlt, bekommt teils mehrere Prozent zurück – direkt gutgeschrieben. Wer oft zahlt, profitiert mehrfach. Der Gedanke dahinter: Nutzer belohnen und gleichzeitig zur dauerhaften Nutzung erziehen.

Die Konkurrenz schläft nicht – Klarna, Apple & Trade Republic im Visier

Die Aggression kommt nicht aus dem Nichts. Vor allem Klarna macht Druck. Die Schweden kombinieren Zahlungsdienst, Shopping-App und Bankservices so geschickt, dass sie PayPal in der Zielgruppe junger Käuferinnen längst überholt haben.

Und auch der Berliner Neobroker Trade Republic, der mit einer eigenen Bezahlkarte samt Cashback-Feature auf Kundenfang geht, wird zum Problem.

Deren Modell? Bargeldlose Zahlung wird direkt mit einem ETF-Sparplan verknüpft – psychologisch clever, finanziell attraktiv. PayPal kontert nun mit direkter Gutschrift: Der Rabatt landet sofort beim Nutzer, nicht erst auf einem Depot.

Doch die größere Kampfansage richtet sich an einen ganz anderen Gegner.

Der Trick gegen Apple: PayPal nutzt NFC – aber nicht über Apple Pay

Was viele übersehen: PayPal hat sich einen stillen Vorteil verschafft. Seit Inkrafttreten des Digital Markets Act in Europa musste Apple seine NFC-Schnittstelle für Drittanbieter öffnen. PayPal nutzt diese Lücke – und lässt Nutzer mit dem iPhone kontaktlos bezahlen, ohne den Umweg über Apple Pay.

Das hat zwei Folgen: Erstens spart PayPal sich die Gebühren, die Apple für jede Transaktion via Apple Pay einbehält. Zweitens bleibt die volle Kontrolle über das Nutzungserlebnis beim eigenen Produkt. Für Apple ist das ein Rückschlag – die Vormachtstellung beim Bezahlen mit dem iPhone wankt.

Allerdings: Der Trick hat auch Schattenseiten. In ersten Praxistests zeigt sich, dass die PayPal-Lösung technisch nicht immer reibungslos funktioniert. Nutzer berichten von doppelten Abbuchungen, Verzögerungen oder schlechter Kompatibilität bei Kassensystemen. Ob der Konzern hier mit der Brechstange agiert hat, wird sich zeigen.

Expansion mit Risiko – Deutschland als Vorreiter, aber auch als Stresstest

Dass Deutschland der erste Markt für „PayPal im Laden“ ist, überrascht nicht nur Insider. Lange war der deutsche Markt für internationale Techplayer vor allem mühsam: hohe Datenschutzanforderungen, Bargeldaffinität, geringere Innovationsfreude im Payment-Sektor. Doch genau deshalb ist der PayPal-Start hier so bedeutsam. Wenn es hier funktioniert, kann es überall klappen.

Gleichzeitig ist der Druck enorm: Ein Scheitern in Deutschland wäre ein mediales Desaster. Denn intern gilt die Produktoffensive als Blaupause für weitere Märkte. In den USA, wo Apple Pay und Venmo stark sind, wäre der PayPal-Trick kaum durchzusetzen. Europa ist damit nicht nur Spielwiese, sondern Frontlinie im Payment-Krieg.

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