Ein Start-up wird Staatsapparat
134,48 US-Dollar – so hoch notierte die Palantir-Aktie Anfang der Woche. Eine Marke, die den Datenspezialisten aus Denver endgültig in die oberste Liga der Tech-Unternehmen katapultiert.
Doch während Börsianer jubeln, wächst die Skepsis. Denn Palantirs rasanter Aufstieg ist eng mit der amerikanischen Regierung verknüpft – und mit einer Technologie, die mächtiger kaum sein könnte.
Dateninseln sprengen – mit Foundry
Nach Recherchen der „New York Times“ soll die Plattform „Foundry“ künftig eine zentrale Rolle bei der digitalen Neuordnung der US-Behörden spielen.
Ein neuer Präsidialerlass von Donald Trump sieht vor, bislang abgeschottete Systeme zusammenzuführen. Palantir liefert das Betriebssystem dazu. Mindestens vier US-Behörden sollen bereits auf die Lösung setzen.
Das Ziel: Effizienz, Transparenz – und Kontrolle. Was technisch ambitioniert klingt, ruft Datenschutzorganisationen auf den Plan. Sie befürchten, dass die umfassende Vernetzung auch Tür und Tor für Überwachung öffnet. Palantir selbst verweist auf seine Rolle als neutraler Dienstleister: Man stelle nur die Technik, nicht die Regeln.
Ein Konzern mit Regierungskonto
Seit Trumps Rückkehr ins Weiße Haus läuft es für Palantir wie geschmiert. Allein seit Jahresbeginn sicherte sich das Unternehmen öffentliche Aufträge im Wert von über 900 Millionen US-Dollar – darunter ein 795-Millionen-Dollar-Deal mit dem Pentagon. Addiert man die Aufträge der letzten Amtszeit hinzu, summiert sich die Zusammenarbeit mit der US-Regierung auf deutlich über eine Milliarde Dollar.
Das Weiße Haus schweigt weitgehend zu den Details, bestätigt aber das strategische Ziel, Behördenprozesse zu vereinheitlichen, digitale Infrastruktur zu modernisieren und die Datenlage „in Echtzeit nutzbar“ zu machen. Ein Versprechen, das Palantir wie auf den Leib geschrieben scheint.
Raketenstart an der Nasdaq – und in der Kritik
Die Kursentwicklung folgt der Story. In den letzten zwölf Monaten legte die Aktie um sagenhafte 519 % zu. Seit Jahresbeginn beträgt das Plus rund 75 %. Analysten sehen die jüngsten Kursgewinne auch als Reaktion auf eine Hochstufung durch mehrere Investmenthäuser – und auf den direkten politischen Rückenwind.
Gleichzeitig mehren sich kritische Stimmen, die das Geschäftsmodell hinterfragen. Die Nähe zur Exekutive, die schwer zu kontrollierende Nutzung persönlicher Daten, die Intransparenz bei Verträgen – all das rückt Palantir zunehmend ins Licht der Debatte um die Digitalisierung staatlicher Macht.
„Ich wusste nicht, dass mein Antrag bei der Arbeitsagentur durch Palantir läuft“
Ein Betroffener ist David K., ehemaliger IT-Berater und seit einem Jahr arbeitslos.
„Erst durch einen Medienbericht habe ich erfahren, dass meine Daten in einem System verarbeitet wurden, das von Palantir stammt“, sagt er im Gespräch mit der InvestmentWeek. „Ich war schockiert – nicht wegen der Technik, sondern wegen der fehlenden Information. Ich habe nirgendwo zugestimmt.“
Der Vorfall zeigt: Es geht nicht nur um technische Infrastruktur – es geht um Vertrauen.
Die wichtigste Frage bleibt unbeantwortet
Der Kursrekord dürfte nicht der letzte gewesen sein. Analysten sehen weiteres Potenzial, vor allem, wenn sich die Plattform in weiteren Staaten durchsetzt. Doch die drängendere Frage lautet: Wer kontrolliert die Kontrolleure?
Denn was als Effizienzoffensive beginnt, kann in einem Überwachungsstaat enden. Und während Palantir weiter wächst, wächst auch die Verantwortung – auf Seiten der Politik, der Behörden und nicht zuletzt des Unternehmens selbst.
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