12. Mai, 2025

Health

20-Cent-Pille gegen Krebs – kommt Metformin als Geheimwaffe zurück?

Ein altbekanntes Medikament aus der Diabetesbehandlung sorgt für Aufsehen: Forscher prüfen, ob Metformin auch im Kampf gegen Darmkrebs helfen kann – und die ersten Hinweise sind erstaunlich.

20-Cent-Pille gegen Krebs – kommt Metformin als Geheimwaffe zurück?
Metformin gilt weltweit als Standardmedikament gegen Typ-2-Diabetes – jährlich verschreiben Ärzte es über 120 Millionen Mal. Doch seine Wirkung auf Tumorzellen wird erst jetzt ernsthaft erforscht.

Ein alter Wirkstoff, neue Hoffnung

Metformin kennen viele aus der Diabetesbehandlung. Seit Jahrzehnten ist das Mittel millionenfach im Einsatz, gilt als sicher, gut verträglich – und kostet pro Tablette nur ein paar Cent. Doch jetzt steht das Medikament plötzlich im Fokus der Krebsforschung. Und das nicht zum ersten Mal.

Beim Krebskongress der American Association for Cancer Research in Chicago haben Forscher neue Daten präsentiert, die den Blutzuckersenker in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen: Metformin scheint auch gegen bestimmte Formen von Darmkrebs Wirkung zu zeigen. Zumindest in Zellkulturen.

Zellversuche mit Wirkung – aber noch kein Durchbruch

Die Studienleiterin Holli Loomans-Kropp von der Ohio State University untersucht, wie sich Metformin auf schwer behandelbare Darmkrebszellen auswirkt. Besonders im Visier: Tumoren mit einer KRAS-Mutation – eine aggressive Krebsform, bei der klassische Therapien oft nicht anschlagen.

„Wir sehen erste Hinweise, dass Metformin das Zellwachstum beeinflussen könnte“, sagt Loomans-Kropp.

Die Daten stammen aus Zellkulturversuchen, also Laboruntersuchungen mit Krebszellen in der Petrischale. Das ist weit entfernt von einer klinischen Anwendung, aber ein möglicher erster Schritt.

Tumoren mit KRAS-Mutation gelten als besonders therapieresistent – sie kommen bei etwa 40 Prozent aller kolorektalen Karzinome vor und sprechen meist nicht auf herkömmliche Behandlungen an.

Nicht stark genug allein – aber hilfreich als Ergänzung

Klar ist: Metformin ersetzt keine Chemotherapie. Die Forscher sprechen ausdrücklich von einer Ergänzung, nicht von einem Ersatz. Es geht darum, den Krebs auf mehreren Ebenen zu bekämpfen. Und da könnte Metformin eine Rolle spielen – etwa, indem es den Tumorzellen Energie entzieht.

Das Medikament verändert den Zuckerstoffwechsel der Zellen und kann Prozesse wie die sogenannte Autophagie anstoßen, eine Art „Zellreinigung“. Genau das könnte Tumorzellen unter Druck setzen. Oder wie es Loomans-Kropp formuliert:

„Wenn wir beeinflussen können, wie Krebszellen Energie nutzen, beeinflussen wir auch, wie sie wachsen.“

Der vielleicht größte Vorteil: Metformin ist längst da

Viele neue Wirkstoffe scheitern nicht an der Idee – sondern am Geld. Klinische Studien sind teuer, Zulassungen langwierig. Metformin dagegen ist seit Jahrzehnten auf dem Markt, wird weltweit millionenfach verschrieben und ist gut erforscht. Seine Sicherheit gilt als belegt.

„Wir wissen, wie der Wirkstoff sich im Körper verhält, wir kennen die Risiken“, sagt Loomans-Kropp. Die Chance: Sollte sich der positive Effekt auch in Tierversuchen und später in klinischen Studien zeigen, könnte Metformin deutlich schneller zur Anwendung kommen als ein völlig neues Präparat.

Mehr als nur ein Diabetesmittel

Metformin hat in den letzten Jahren immer wieder für Aufmerksamkeit gesorgt. Einige Studien untersuchten den Wirkstoff im Zusammenhang mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, andere mit Demenz, sogar in der Anti-Aging-Forschung war Metformin bereits Thema. Nun also Krebs.

Dass ein Medikament in so vielen Bereichen diskutiert wird, liegt an seinem zentralen Wirkprinzip: Es verändert, wie der Körper mit Energie umgeht. Das ist bei Diabetes hilfreich – und möglicherweise auch bei Krebs. Denn Tumorzellen brauchen viel Energie. Wer ihnen die entzieht, nimmt ihnen die Grundlage.

Viel Potenzial, aber viele offene Fragen

So spannend die Ergebnisse sind – sie bleiben vorerst ein Versprechen. Die Forscher betonen selbst: Bis aus den ersten Zellversuchen eine zugelassene Krebsbehandlung wird, dauert es noch. Tierversuche sind der nächste Schritt. Danach müssten klinische Studien mit Patienten folgen.

Doch die Idee ist bestechend: Ein altbekanntes Medikament mit breiter Verfügbarkeit, niedrigen Kosten und hoher Sicherheit könnte – ergänzend zu bestehenden Therapien – helfen, eine der häufigsten Krebsarten besser zu behandeln.

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