Der Präsident will lockern, Tesla warnt
Donald Trump will die Emissionsvorschriften für Fahrzeuge aufweichen. Die US-Umweltbehörde EPA bereitet laut Reuters eine Regeländerung vor, die Autoherstellern künftig deutlich mehr Spielraum bei der CO₂-Bilanz geben würde. Für klassische Hersteller wie General Motors, Toyota oder Volkswagen wäre das ein Befreiungsschlag – für Tesla dagegen eine existenzielle Bedrohung.
In einem Schreiben an die EPA fordert der E-Autobauer die Regierung auf, die Standards nicht aufzugeben. Eine Lockerung, so Tesla, wäre ein „Freifahrtschein“ für Hersteller von Verbrennern und würde „ungleiche Wettbewerbsbedingungen“ schaffen.
Das Milliardenmodell mit den Emissionszertifikaten
Hinter der moralischen Argumentation steht ein knallhartes Geschäftsinteresse. Tesla verdient seit Jahren Milliarden mit dem Verkauf von Emissionszertifikaten – also Gutschriften, die der Konzern erhält, weil er keine CO₂-Emissionen verursacht.
Andere Hersteller, die ihre Abgasziele verfehlen, müssen diese Zertifikate kaufen, um Strafen zu vermeiden. Allein 2024 brachte dieses System Tesla rund 2,8 Milliarden Dollar ein. Wird die Regulierung abgeschafft, verschwindet auch diese Einnahmequelle – und damit ein bedeutender Teil des Gewinns.
„Die Vorschriften sind ein zentraler Baustein des Geschäftsmodells“, sagt ein Analyst einer US-Investmentbank. „Ohne die Zertifikate müsste Tesla seine Gewinne allein durch den Fahrzeugverkauf erwirtschaften – und das wäre angesichts der Preiskämpfe in China und den USA eine Herausforderung.“
Musk gegen den Mainstream der Autoindustrie
Die großen Autokonzerne argumentieren, die bestehenden Grenzwerte seien „zu ehrgeizig“ und verteuerten die Fahrzeugentwicklung. Sie fordern, die Ziele an den „technologischen Realitäten“ auszurichten – also an der Dominanz des Verbrenners.
Tesla hingegen hält dagegen: Wer Innovation wolle, brauche Druck. „Nur ambitionierte Grenzwerte führen zu Fortschritt“, heißt es aus Unternehmenskreisen. Tatsächlich haben die strengen US-Standards in den vergangenen Jahren die E-Mobilität beschleunigt – auch weil sie Hersteller zwangen, in Elektroplattformen zu investieren.
Ein brüchiges Bündnis: Musk und Trump
Die Fronten sind besonders heikel, weil Elon Musk und Donald Trump einst als politische Verbündete galten. Musk gehörte zu Trumps Beraterkreis, unterstützte dessen Wahlkampf und profitierte indirekt von Steuergutschriften für Elektroautos.
Doch seit dem Frühjahr gilt das Verhältnis als belastet. Hintergrund ist Trumps Haushaltsplan, der unter anderem die Subventionen für E-Autos streichen wollte. Musk reagierte empört – Trump konterte, Musk wolle „nur seine eigenen Interessen schützen“.
Inzwischen scheint sich die Stimmung wieder abgekühlt zu haben. Bei einer öffentlichen Veranstaltung im September traten beide gemeinsam auf. Doch Teslas offener Appell an die Regierung dürfte das Verhältnis erneut auf die Probe stellen.
Klimapolitik als Machtfrage
Die EPA geht noch weiter: Laut internen Dokumenten soll auch die bisherige Bewertung gestrichen werden, wonach der Klimawandel eine Gefahr für die Gesundheit der US-Bevölkerung darstellt. Eine solche Entscheidung würde der Behörde die Grundlage nehmen, CO₂-Ausstoß überhaupt als umweltpolitisches Problem zu regulieren.
Damit rückt die US-Regierung gefährlich nah an die Linie der fossilen Lobby – und entfernt sich von der Strategie der EU, die mit dem geplanten Verbrenner-Aus ab 2035 klare Signale für Elektromobilität setzt.
„Wenn die USA die Emissionsregeln aufgeben, riskieren sie nicht nur Rückschritte beim Klimaschutz, sondern auch technologische Rückstände“, warnt ein Branchenexperte in Washington.
Ein politisches Spiel mit wirtschaftlicher Sprengkraft
Für Tesla steht mehr auf dem Spiel als bei jedem anderen Autobauer. Die Marke lebt vom Image des Vorreiters – und von der Annahme, dass die Zukunft elektrisch ist. Fällt die politische Rückendeckung für saubere Fahrzeuge, wackelt das Geschäftsmodell.
Der Streit zwischen Musk und Trump ist deshalb mehr als eine persönliche Fehde. Er zeigt, wie eng in der neuen Ära der Industriepolitik Wirtschaft und Ideologie verflochten sind.
Der riskante Spagat
Tesla steht vor einem Dilemma: Mit dem Weißen Haus im Konflikt riskiert Musk neue politische Angriffe – schweigt er, verliert er Milliarden. In einer Zeit, in der der Elektroboom ins Stocken gerät und die Konkurrenz aus China immer stärker wird, kann sich Tesla keinen weiteren Rückschlag leisten.
Die Position ist klar, das Risiko ebenso. Trumps Amerika mag fossile Brennstoffe – Teslas Zukunft hängt am Stromkabel.
