Vom Hype zur Industrie
Padel ist kein Nischenhobby mehr, sondern eine Wertschöpfungskette: Bau, Betrieb, Vermietung, Ausrüstung, Events, Sponsoring. Der Deutsche Padel-Verband (DPV) meldet 233 Mitgliedsvereine – vor drei Jahren waren es 65.
Die Zahl der lizenzierten Spieler liegt bei rund 6.000; inoffiziell zählt die Branche etwa 250.000 Freizeitspieler, die mindestens einmal im Monat auf den Court gehen. Deutschland hat die Marke von 1.000 Plätzen überschritten – immer noch deutlich hinter den Niederlanden und Frankreich (jeweils >3.000) sowie Italien (>10.000). Die Dynamik ist eindeutig: Das Ökosystem professionalisiert sich rasant.
Nachfragefront: Ausgebuchte Slots und erste TV-Primetime
Universitäre Anlagen, städtische Courts, private Betreiber – überall dasselbe Bild: Prime-Time-Slots sind rar. Padel punktet mit einfacher Erlernbarkeit, Teamfaktor (Doppel) und langen Ballwechseln dank spielrelevanter Glaswände.
Der Sport ist längst im Mainstream angekommen: Ex-Fußballprofis spielen öffentlichkeitswirksam, ProSieben testet Padel zur besten Sendezeit. Der Netzwerkeffekt greift – mehr Anlagen schaffen mehr Sichtbarkeit, die wiederum Nachfrage in Vereinen und Privatbetrieb triggert.
Bau-Boom: Margen, Mängel, Genehmigungen
Unit Economics Bau
Der Bau eines Courts kostet je nach Setup grob 25.000–30.000 € (Indoor bei vorhandener Betonplatte) bis ~75.000 € (Outdoor inklusive Fundament). Spezialisierte Anbieter peilen 15–20 % Marge an – ein attraktives, aber zyklisches Geschäft. Der Engpass verschiebt sich: vom Stahlrahmen zur Statikprüfung, von Glas-Logistik zu Bauanträgen.
Qualitätsspagat
Mit der Nachfrage wächst auch der Graumarkt. Branchenstimmen warnen vor Trittbrettfahrern, gebrauchten Anlagen ohne klare Garantie und Konstruktionen, die baurechtliche Normen nicht sauber erfüllen. Die Lehre aus Spanien: Zwischen Best- und Billiglösung liegen Welten – und Haftungsrisiken.
Genehmigungsfallen
Outdoor-Courts scheitern nicht selten an Lärm- und Lichtschutz, Brandschutzauflagen oder fehlenden Stellplätzen. Wer heute baut, braucht Standortprüfung, Lärmgutachten, Statik – und Zeit. Wer schneller plant als das Amt prüft, riskiert Stillstandskosten.
Betreiber-Ökonomie: Die Stunde kostet 30–40 €, der Schlüssel ist die Auslastung
Pay-to-Play (30–40 € pro Stunde in Berlin, Doppel), Abos, Firmenpakete, Kinderkurse, Events, Gastro, Pro-Shop: Der Warenkorb pro Kunde wächst mit dem Konzept. Entscheidend ist die Auslastung in Peak-Zeiten und die Monetarisierung der Off-Peak-Stunden – etwa über Firmenfitness, Schulkooperationen, Senioren-Programme.
Ein Scale-up-Ansatz zeigt, wohin die Reise gehen kann: >130 Courts bundesweit, achtstelliger Umsatz, schnelle Profitabilität je Standort (oft ab Monat zwei), ~100.000 aktive Spieler pro Monat. Dazu Sponsoringdeals, Franchise-Pipeline (20–30 Anfragen pro Woche) und prominente Investoren. Die Story: Standardisierte Rollouts, zentraler Einkauf, Data-Driven Scheduling – und Events als Reichweitenmotor.
Marken & Material: Vom Spezialisten zur Mehrmarken-Schlacht
Wer verdient an der Ausrüstung?
Reine Padel-Marken (z. B. Nox, Bullpadel) haben den Markt früh besetzt. Tennis-Schwergewichte wie Babolat und Wilson sind hinterhergezogen, ebenso Adidas – inklusive Turniersponsoring und Verbandspartnerschaft. Ergebnis: Höhere Sichtbarkeit, breitere Preisbänder, schnellere Innovationszyklen bei Schlägern, Bällen und Schuhen.
Marktgröße & Ausblick
Marktforscher taxieren den globalen Padel-Markt aktuell auf rund 2,2 Mrd. US-$. Bis 2033 könnte das Volumen auf knapp 5 Mrd. US-$ wachsen. Für Deutschland nennt die Bauindustrie eine grobe Zielspanne von 10.000–20.000 Courts in vier bis acht Jahren – ambitioniert, aber bei anhaltender Nachfrage nicht unrealistisch.
Finanzierung: Capex-hungrig – aber skalierbar
Kapitalstruktur
Ein Court-Park aus acht Plätzen bedeutet schnell 0,3–0,5 Mio. € Baukosten (bei Indoor-Basis) oder 0,6–0,8 Mio. € Outdoor. Hinzu kommen Hallenmiete oder Neubau, Nebenkosten, Ausstattung, Software, Personal. Die Rendite hängt an Auslastung, Zusatzumsätzen und Finanzierungskosten. Steigende Zinsen drücken auf die IRR – umso wichtiger sind belastbare Standortgutachten.
Equity folgt der Sichtbarkeit
Prominente Business Angels, Medienpartner, Sport- und Autohersteller als Sponsoren – Padel ist PR-fähig. Große Preisgelder (z. B. 100.000 € bei One-Point-Events) schaffen Aufmerksamkeit jenseits der Kernszene. Kapital fließt dorthin, wo Markenbildung, Pipeline und Betriebsdaten stimmen.
Risiken: Sättigung, Nachbarschaft, Personal
Sättigung & Kannibalisierung
Viele Städte stehen vor der gleichen Gleichung: Mehr Courts, gleiche Nachfrage. Wer zu dicht baut, teilt die Prime-Time. Der Verdrängungswettbewerb wird über Lagen, Konzepte und Community-Management entschieden.
Nachbarschaft & Recht
Lärm- und Lichtimmissionen sind Klageklassiker. Betreiber brauchen Prävention (Akustik, Öffnungszeiten, Beleuchtung) – sonst drohen Auflagen, die den Business Case kippen.
Trainer & Orga
Skalierung braucht Coaches, Vereinsstrukturen, Turnierdirektoren. Der Engpass ist menschlich: Ohne Ausbildungsschiene und verlässliche Honorarmodelle bleibt Wachstum Stückwerk.

Ligen, Nachwuchs, Olympia: Vom Freizeittrend zur Infrastruktur
Strukturaufbau
Der DPV spannt bereits 1. und 2. Bundesliga über Regional- und Oberligen bis zu ersten Landesligen – in mehreren Altersklassen. Der nächste Schritt sind verlässliche Kalender, Rankingpunkte und TV-Formate, die regelmäßig Reichweite liefern. Zielbild: Ein Sport, der Sponsoren Planbarkeit bietet – nicht nur Events mit Einmal-Effekt.
Internationalisierung
Deutschland gilt als „letzte große Lücke“ in Europa. Gleichzeitig schielen internationale Betreiber auf den Markt. Wer hier skaliert, wird automatisch Exporteur von Konzepten – Österreich, UK und weitere Zielmärkte stehen bereit.
Was jetzt zählt: Professionalisierung vor Flächenwuchs
Der deutsche Padel-Boom hat die kritische Masse erreicht. Die nächsten zwei Jahre entscheiden, ob aus Hype belastbare Bilanzen werden. Wer Standards setzt – von Bauqualität über Genehmigungen bis zu Trainings- und Turnierkonzepten – zieht Kapital, Sponsoren und Nachwuchs an. Wer nur betoniert, zahlt bald drauf.
Padel ist mehr als Glas und Kunstrasen. Es ist ein Infrastruktur-Geschäft mit Community-Hebel. Wer Auslastung managt, Genehmigungen beherrscht und eine Marke aufbaut, verdient Geld. Alle anderen spielen mit – aber nicht zwingend um die Meisterschaft.
