02. Juni, 2025

Unternehmen

FMCs Chip-Sensation: Wie Deutschland jetzt alles gewinnen kann

Ein Dresdner Start-up will Europas erste eigene Speicherchip-Fertigung hochziehen – schneller, sparsamer und günstiger als alles bisher Dagewesene. Doch der Staat zögert: Zwischen Innovationschance und Subventionsskepsis droht der nächste industriepolitische Fehltritt.

FMCs Chip-Sensation: Wie Deutschland jetzt alles gewinnen kann
Die Chips der Ferroelectric Memory Company gelten als revolutionär – schneller, sparsamer, günstiger. Doch ohne 1,3 Milliarden Euro Förderung bleibt die Fabrik vorerst Theorie.

FMC gegen die Zeit

Ein Dresdner Start-up steht kurz davor, Europas Technologielandschaft grundlegend zu verändern. Die Ferroelectric Memory Company (FMC), eine Ausgründung aus dem gescheiterten Speicherchipriesen Qimonda, plant nichts Geringeres als die erste Serienproduktion von Hochleistungsspeicherchips auf europäischem Boden – 1000-mal schneller, 1000-mal sparsamer und zehnmal günstiger als die derzeitigen Platzhirsche aus Fernost.

Der Standort: Deutschland. Die Voraussetzung: 1,3 Milliarden Euro Förderung.

Was klingt wie die logische Antwort auf jahrzehntelige Importabhängigkeit, verheddert sich in klassischer Berliner Fördertaktik: zu viele Bewerber, zu wenig Entschlusskraft – und eine Regierung, die gerade erst versprochen hatte, weniger Industriepolitik zu machen.

Ferroelectric Memory Company

Die Rückkehr der Speicherchips

Seit dem Zusammenbruch von Qimonda 2009 ist Europa beim Thema Speicherchips ein weißer Fleck auf der globalen Landkarte.

Heute kontrollieren Samsung, SK Hynix und Micron das Feld. FMC will das ändern – mit einer Technologie, die das Potenzial hat, jedes Smartphone, jeden Server und jedes KI-System zu revolutionieren: auf Hafniumoxid basierende nichtflüchtige Speicherchips. Diese benötigen keine permanente Stromversorgung, was sie zur perfekten Lösung für den energiehungrigen KI- und Cloud-Zeitalter macht.

Ein Regierungsinsider formuliert es drastisch: „Die Ansiedlung wäre ein Riesending.“ Doch genau dieses Riesending droht gerade im Berliner Subventionsstau zu versacken.

Zukunft ja – aber bitte ohne Risiko?

Die Bundesregierung hat zwei Milliarden Euro für Chipförderung im Klima- und Transformationsfonds geparkt. FMC möchte davon 1,3 Milliarden. Der Rest müsste sich auf 24 weitere Projekte verteilen – darunter Namen wie Infineon, Carl Zeiss oder Global Foundries. Viel Prestige, wenig Spielraum.

Gleichzeitig hat sich die neue Bundesregierung unter Kanzler Merz und Wirtschaftsministerin Reiche auf die Fahne geschrieben, keine aktiv lenkende Industriepolitik mehr zu machen.

Die Erinnerung an Intel – milliardenschwer versprochen, bis heute nicht realisiert – wiegt schwer. Reiche sprach offen von „schlimmen Bauchlandungen“ der Vorgängerregierung. Ihr Ziel: weniger Staat, mehr Markt. Doch was, wenn der Markt sich schlicht nicht für Deutschland entscheidet?

Das Fundament für FMCs Chips liegt bei Qimonda, dem letzten Speicherhersteller Europas – dessen Insolvenz einst das Ende der Branche auf dem Kontinent einläutete.

Magdeburg, Pirna oder Frankfurt (Oder) – oder doch woanders?

Noch prüft FMC Standorte in Deutschland. Doch im Hintergrund laufen längst Gespräche mit anderen EU-Ländern. Die Konkurrenz schläft nicht. Und der globale Subventionswettlauf ist Realität: In den USA fließen Milliarden aus dem CHIPS Act, in Südkorea verteilt die Regierung Subventionen in zweistelliger Milliardenhöhe. Wer nicht zahlt, bleibt außen vor.

Magdeburg ist dabei kein unbeschriebenes Blatt: Hier sollte Intel einst seine Mega-Fab bauen. Der Plan gilt als Symbol für Deutschlands wankende Standortpolitik. Sollte FMC gerade dort nun doch bauen – und Erfolg haben –, wäre es eine späte Genugtuung. Doch genau das setzt Entschlossenheit voraus. Und daran fehlt es.

Technologie trifft auf Zögern: Der Preis des Abwartens

Der Markt für DRAM-Chips ist 2024 um 75 % gewachsen, mit einem Volumen von über 150 Milliarden US-Dollar. Dank KI, Edge-Computing und Cloud boomt die Nachfrage nach schnellen, energieeffizienten Speicherlösungen.

FMC könnte diese Marktdynamik erstmals aus Europa heraus bedienen. Die Technologie ist da. Die Investoren stehen bereit: Bosch, SK Hynix, Imec – alle sind bereits an Bord.

Fehlt nur noch der Staat. Und hier entscheidet sich nun, ob Deutschland aus der Chipkrise von 2021 gelernt hat – oder ob man sie einfach wiederholt.

Förderwille oder Förderfalle?

Die Bundesregierung steht vor einer industriepolitischen Nagelprobe. Fördert sie FMC, geht sie das Risiko ein, ein Großprojekt mit Milliarden zu unterstützen – aber auch die Chance, Europa einen technologischen Quantensprung zu ermöglichen. Lässt sie es, droht der Verlust einer strategischen Schlüsselindustrie – diesmal nicht an Asien oder die USA, sondern aus eigener Unentschlossenheit.

Ein Regierungsmitarbeiter bringt es auf den Punkt: „Jetzt muss eine Entscheidung her.“ Viel Zeit bleibt nicht. Denn Hightech wartet nicht auf Haushaltssitzungen.

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