Am Tag nach der Hauptversammlung verzeichnete die Aktie des Münchner Beteiligungshauses Mutares einen markanten optischen Kursrückgang – nicht ungewöhnlich, denn am 3. Juli 2025 war Ex-Dividenden-Tag.
Doch was wie ein typischer Rücksetzer aussieht, wirft bei genauerem Blick zentrale Fragen auf: Warum schüttet ein Unternehmen mit einem negativen Ergebnis je Aktie von -19,10 Euro überhaupt eine Dividende aus – und das in einer Höhe, die vielen SDAX-Werten die Schamesröte ins Gesicht treiben dürfte?
Große Dividende, kleines Ergebnis
Die Fakten sind schnell erzählt: Für das Geschäftsjahr 2024 erhalten Aktionäre 2,00 Euro je Aktie. Das entspricht bei einem Kurs von 34,10 Euro einer Dividendenrendite von satten 8,33 Prozent – im Vorjahr waren es „nur“ 5,65 Prozent.
Die Gesamtausschüttung summiert sich damit auf 47,4 Millionen Euro – eine Steigerung von über 31 Prozent zum Vorjahr. Gleichzeitig steht ein negatives Ergebnis je Aktie in der Bilanz, ein Kursrückgang von rund 2,4 Prozent auf Jahressicht und ein KGV, das – technisch korrekt – bei 0,00 liegt.
Die Dividende wirkt also zunächst wie ein Geschenk, das sich das Unternehmen streng genommen gar nicht leisten kann. Doch wer die Mutares-Story kennt, weiß: Hier gelten andere Spielregeln.
Exit statt Ergebnis: Das Mutares-Modell
Mutares ist kein typischer Industriekonzern, sondern ein Beteiligungsunternehmen, das sich auf den Kauf, Umbau und Wiederverkauf notleidender Unternehmen spezialisiert hat – oft zu Schnäppchenpreisen.
Das Ziel: Sanieren, strukturieren, profitabel machen – und dann mit Gewinn verkaufen. Das Geschäftsmodell lebt von Einmaleffekten, nicht von konstanten Jahresgewinnen.
Das erklärt auch, warum das Ergebnis je Aktie – das EPS – negativ ausfallen kann, während gleichzeitig erhebliche Cashflows aus Exits in die Kasse fließen. Diese werden dann nicht etwa zurückgelegt, sondern in weiten Teilen an die Anteilseigner ausgeschüttet.
Mutares nennt das selbstbewusst eine „Dividendenstrategie für Value-Investoren“. Kritiker sprechen von Substanzverzehr, wenn nicht gar von einer Art Finanzakrobatik.
Wachstum durch Wachstum – und durch Verkauf
Das Unternehmen wächst nicht nur durch Renditen aus Beteiligungen, sondern auch durch ihre schiere Zahl: In den vergangenen Jahren hat Mutares Dutzende Beteiligungen übernommen, besonders aus den Bereichen Automotive, Engineering und Konsumgüter.
Man wächst durch Zukauf – und durch konsequentes Durchreichen. Der Umsatz stieg 2024 auf über 5,26 Milliarden Euro – ein beachtlicher Wert für einen SDAX-Wert mit rund 728 Millionen Euro Marktkapitalisierung.
Doch Umsatz allein ist keine Rendite. Vieles hängt am Exit-Timing – und daran, wie viel Geld aus Verkäufen tatsächlich netto hängen bleibt.
Analysten: Dividende 2025 wohl höher – aber Rendite sinkt
Laut FactSet könnten sich Anleger im kommenden Jahr sogar über eine Erhöhung der Dividende auf 2,13 Euro freuen. Klingt attraktiv – doch bei steigenden Kursen sinkt die Dividendenrendite rechnerisch auf 6,43 Prozent.
Wer also auf steigende Kurse setzt, bekommt relativ weniger Dividende. Wer auf gleichbleibende Kurse hofft, setzt auf eine hohe Ausschüttung – aber bei einem Geschäftsmodell, das stark von Einmaleffekten lebt.
Was bedeutet das für Investoren?
Die Mutares-Aktie bleibt ein Fall für Spezialisten: Die hohen Dividenden wirken auf Einkommensinvestoren wie ein Magnet, doch unter der Oberfläche lauert Volatilität.
Die Bilanzkennzahlen taugen nur bedingt zur klassischen Bewertung. Und: Wer sich ein Unternehmen ins Depot holt, das operativ rote Zahlen schreibt, muss an die Strategie glauben – und an die Exit-Fähigkeiten des Managements.
Das könnte Sie auch interessieren:
