21. Juni, 2025

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Bezos-Hochzeit in Venedig: Luxus, Proteste und die Schattenseite des Overtourism

Der Amazon-Gründer will in Venedig heiraten. Für viele Venezianer ist das weniger ein romantisches Spektakel als ein Symbol für den Ausverkauf ihrer Stadt.

Bezos-Hochzeit in Venedig: Luxus, Proteste und die Schattenseite des Overtourism
Auf der Rialto-Brücke fordern Demonstranten „No space for Bezos“ – Ausdruck wachsender Wut über Luxusevents und den Ausverkauf Venedigs.

Hochzeit als politisches Symbol

Während Jeff Bezos und Lauren Sánchez ihre Hochzeit am venezianischen Canale Grande planen, formiert sich in der Lagunenstadt der Widerstand.

„No space for Bezos“, skandieren Demonstranten auf dem Rialto-Brücke und in den Gassen der Altstadt. Ihre Kritik richtet sich nicht allein gegen den Amazon-Gründer – sie trifft einen Nerv, der in Venedig seit Jahren blank liegt: den Überdruss an Massentourismus, Luxusevents und der Kommerzialisierung des öffentlichen Raums.

Die geplante Feier ist spektakulär: Rund 200 hochkarätige Gäste aus Wirtschaft, Politik und Showbusiness werden zur Hochzeit des Amazon-Gründers erwartet.

Namen wie Katy Perry, Kim Kardashian oder Bill Gates kursieren, Schauplatz soll das prachtvolle Kulturzentrum Misericordia sein. Doch je mehr Details durchsickern, desto lauter wird der Protest der Einheimischen.

Venedig als Bühne für die Superreichen

Für Venedig ist der Vorgang symptomatisch. Die Altstadt schrumpft seit Jahrzehnten: Nur noch etwa 50.000 Menschen leben dauerhaft auf den Inseln, jährlich drängen jedoch rund 20 Millionen Touristen durch die engen Gassen.

Schon lange haben die Venezianer das Gefühl, nur noch Statisten in einer Freiluftkulisse zu sein, die von Kreuzfahrtpassagieren, Millionärsyachten und Luxusfeiern dominiert wird.

Bezos lässt laut Berichten rund 80 % der Hochzeitsdienstleistungen von lokalen Anbietern ausrichten – Kritiker sprechen dennoch von kosmetischen Effekten.

Die geplante Bezos-Hochzeit wird dabei von vielen nicht nur als weiteres Society-Event wahrgenommen, sondern als Provokation.

„Wir wollen verhindern, dass unsere Stadt endgültig zur Hochzeitskulisse für Milliardäre verkommt“, erklärt Protest-Organisatorin Federica Toninello.

Im Ernstfall wolle man die Zugänge zum Veranstaltungsort blockieren – notfalls mit Booten und Schwimmwesten auf den Kanälen.

Wirtschaftlicher Nutzen bleibt umstritten

Befürworter des Events argumentieren, dass Bezos’ Hochzeit lokale Dienstleister stärke. Laut Berichten sollen rund 80 Prozent der Hochzeitsdienstleistungen – Catering, Dekoration, Logistik – von venezianischen Anbietern stammen. Bürgermeister Luigi Brugnaro erklärte, das Event werde „den normalen Ablauf des Stadtlebens nicht beeinträchtigen“.

Doch selbst dieser wirtschaftliche Impuls überzeugt viele Einwohner nicht. „Die paar Jobs ändern nichts an den steigenden Mieten, an den verdrängten Familien und an der Zerstörung unseres Alltags“, so ein Demonstrant auf dem Markusplatz.

Overtourism als ungelöstes Grundproblem

Die Proteste sind nur das sichtbare Symptom einer viel größeren Strukturkrise. Venedig kämpft seit Jahren mit den Folgen des Overtourism.

Bereits 2021 wurden große Kreuzfahrtschiffe aus dem historischen Zentrum verbannt, 2024 folgte eine Eintrittsgebühr für Tagesgäste in der Hochsaison. Doch diese Maßnahmen reichen vielen Kritikern nicht aus.

Alan Fyall, Tourismusforscher an der University of Central Florida, bringt es auf den Punkt: „Es geht längst nicht mehr nur um einzelne Hochzeiten. Die Proteste zeigen, wie tief der Frust über die systematische Übernutzung der Stadt sitzt.“

Venedig zwischen Welterbe und Vergnügungspark

Der Fall Bezos illustriert, wie eng Tourismus, Immobilienpreise und soziale Spaltung in Venedig zusammenhängen. Während die Stadt als UNESCO-Weltkulturerbe glänzt, wird sie gleichzeitig von den eigenen Bewohnern entkernt.

Luxusevents wie die Bezos-Hochzeit sind dabei nur der sichtbarste Ausdruck einer Entwicklung, die Experten seit Jahren kritisieren: Venedig verliert seine urbane Substanz.

Für die wenigen verbliebenen Venezianer stellt sich zunehmend eine existenzielle Frage: Wie viel Exklusivität, wie viele Milliardenhochzeiten und Megatouristen verträgt eine Stadt, die längst mehr Besucher als Einwohner zählt?

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