Ein Markt, der plötzlich zur Problemzone wird
Audi verdient in den USA derzeit keinen Cent. Strafzölle und ungünstige Wechselkurse reißen ein Milliardenloch in die Bilanz.
Anders als Mercedes in Alabama oder BMW in South Carolina fehlt den Ingolstädtern ein lokales Werk, um die Sonderabgaben zu umgehen. Jede nach Amerika verschiffte Limousine und jedes SUV aus Europa kommt mit einem Strafzettel an der Grenze an.
Verhandlungen im Schatten Trumps
Aufsichtsratschef Manfred Döss ist bereits in Washington vorstellig geworden. Ziel: Klarheit, ob Investitionen in ein Werk mit den Zöllen verrechnet werden können.
Doch die Erfahrungen anderer Autobauer zeigen, wie brüchig solche Zusagen sind. Hyundai etwa investierte Milliarden in den USA – und wurde trotzdem Opfer harter Zoll- und Behördenmaßnahmen. Für Audi bleibt ungewiss, ob der Bau eines Werks tatsächlich die Tür öffnet oder nur ein teures Placebo bleibt.

Döllners große Strategie – zwischen Sparkurs und Vision
Konzernchef Gernot Döllner will Ende September seine neue Strategie vorstellen. Sie soll Audi wieder stärker auf Innovation trimmen: Leichtbau wie zu Zeiten der ersten Aluminium-Karosserien, neue Elektronik-Architekturen gemeinsam mit Rivian und ein klares Bekenntnis zu schnelleren Ladezeiten.
Das Concept C, ein zweisitziger Elektro-Sportwagen, soll als Symbol für den Neuanfang stehen. Gleichzeitig zwingt das „Performance Programm 14“ zu massiven Kosteneinsparungen.

US-Werk als Rettung oder Risiko
Ein amerikanisches Werk könnte Audi die Tür zu einem größeren Markt öffnen. Das Ziel: den Absatz von aktuell unter 200.000 Fahrzeugen auf über 300.000 steigern.
Doch die Gewerkschaften in Deutschland warnen vor einem Aderlass, sollten Modelle aus Ingolstadt oder Neckarsulm nach Übersee verlagert werden. Und selbst wenn Wolfsburg grünes Licht gibt: Milliardeninvestitionen in Zeiten niedriger Renditen – zuletzt lag die Marge bei mageren 1,8 Prozent – könnten die VW-Tochter zusätzlich belasten.
Innovation als Pflicht, nicht als Kür
Audi hat in den vergangenen Jahren viel Zeit verloren, während Tesla, BYD und selbst Newcomer wie Xiaomi an Tempo zulegten. Die geplanten Range-Extender-Modelle für China, die neue Rivian-Architektur und der Fokus auf Leichtbau zeigen, dass Döllner den technologischen Rückstand anerkennt. Doch ob diese Maßnahmen reichen, um gegen Mercedes, BMW und die chinesische Konkurrenz zu bestehen, ist offen.
Ein Konzern am Scheideweg
Für Audi geht es um mehr als um Zölle. Es geht um die Frage, ob die Marke ihren Anspruch „Vorsprung durch Technik“ noch einlösen kann. Ein US-Werk könnte ein Befreiungsschlag sein – oder eine milliardenschwere Fehlentscheidung. Klar ist nur: Der Spielraum für Fehler ist so gering wie lange nicht.
Das könnte Sie auch interessieren:
