26. August, 2025

Wirtschaft

Wie Katar mit Milliarden deutsche Partner gewinnt

In Doha entsteht ein gigantisches Medienzentrum. Mit dabei: die Deutsche Presse-Agentur, internationale Sender – und womöglich eine bekannte SPD-Politikerin. Kritiker warnen vor subtiler Propaganda und einem riskanten Machttransfer.

Wie Katar mit Milliarden deutsche Partner gewinnt
Kooperation mit Beigeschmack: dpa-Chef Peter Kropsch (M.) bei der Vertragsunterzeichnung in Doha – Kritiker sehen darin ein Einfallstor für katarische Einflussnahme.

Ein Foto, das Fragen aufwirft

April in Doha: Peter Kropsch, Chef der Deutschen Presse-Agentur (dpa), posiert neben einem Mitglied der katarischen Königsfamilie und Jassim Mohamed al-Khori, dem Leiter der „Media City“.

Wenige Stunden zuvor hatte er die Vereinbarung unterzeichnet, mit der die dpa in der katarischen Hauptstadt ein neues Regionalbüro aufbauen will. Auf den ersten Blick nur ein Geschäftstermin – für Beobachter aber ein Signal mit Sprengkraft.

Die „Media City“ soll ein Magnet für internationale Medien werden, eine Art Freihandelszone für Journalismus. CNN und Euronews haben ebenfalls Interesse. Offiziell geht es um eine bessere Berichterstattung über den Nahen Osten. Inoffiziell sehen Experten darin vor allem ein geopolitisches Prestigeprojekt Katars – und eine gut getarnte Kampagne, um Einfluss zu gewinnen.

Soft Power made in Doha

Katar versteht es seit Jahren, Milliarden in internationale Prestigeprojekte zu investieren. Erst die Fußball-WM 2022, jetzt das Medienhub. Ariel Admoni vom Jerusalem Institute for Strategy and Security spricht von einer „doppelten Strategie“.

Einerseits werden etablierte internationale Medien eingebunden, von denen man Wissen und Methoden übernimmt. Andererseits finanziert Doha eigene Plattformen wie Al-Dschasira oder Middle East Monitor, die gezielt Narrative stützen – bis hin zur offenen Unterstützung islamistischer Gruppen.

Besonders gefährlich sei, so Admoni, die „raffinierte Zensur“. Anders als in klassischen Diktaturen trete sie kaum offen auf, sondern wirke subtil über Regeln, Codes und indirekte Einflussnahme. „Das macht sie schwerer erkennbar – und langfristig gefährlicher für den Journalismus.“

Deutschland mittendrin

Dass nun ausgerechnet die dpa mitzieht, sorgt in Berlin für Stirnrunzeln. Die größte Nachrichtenagentur Deutschlands betont, ihre Präsenz in Doha diene allein journalistischen Zwecken.

Kritische Unabhängigkeit sei nicht verhandelbar. Doch Kritiker zweifeln: Kann eine Redaktion wirklich frei berichten, wenn sie von einem autoritären Regime mit Milliarden-Investitionen umgarnt wird?

Für zusätzliche Brisanz sorgt ein Name aus der deutschen Politik: Sawsan Chebli (SPD). Die frühere Berliner Staatssekretärin tauchte in einer Pressemitteilung als Beraterin der Media City auf. Offizielle Bestätigung? Fehlanzeige. Eine Anfrage ließ sie unbeantwortet. Fest steht: Chebli hatte schon in der Vergangenheit Sympathien für das Emirat gezeigt.

Das Spiel mit dem Wissenstransfer

Die Gefahr liegt nicht nur in Imagepflege und Propaganda. Mindestens ebenso heikel ist der Wissensfluss. Laut den Verantwortlichen in Doha sollen internationale Partner die einheimische Medienelite fortbilden.


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Schon bei der WM 2022 zeigte sich, wie schnell Katar externe Expertise adaptiert. Damals ließ man sich von Sicherheitskräften aus 13 Ländern trainieren – zwei Jahre später bewachten katarische Einheiten die Olympischen Spiele in Paris.

Übertragen auf die Medienwelt bedeutet das: Katar könnte schon bald selbst über die journalistischen Fähigkeiten verfügen, die man sich heute noch teuer einkauft – und sie für eigene politische Ziele einsetzen.

Al-Dschasira als Blaupause

Dass die Grenzen zwischen Journalismus und Propaganda in Doha fließend sind, zeigt das Beispiel Al-Dschasira. Der Sender hat über Jahre hinweg nicht nur internationale Debatten geprägt, sondern auch islamistische Bewegungen wie die Muslimbruderschaft unterstützt. Kritiker wie Remko Leemhuis vom American Jewish Committee warnen:

„Katar betreibt ein Medium, das rund um die Uhr antisemitische Propaganda verbreitet.“

Mit der Media City baue das Emirat diese Strukturen nun weiter aus – diesmal mit westlicher Legitimation.

Zwischen Imagepflege und Einflussnahme

Für Katar ist die Rechnung simpel: Wer die globale Medienwelt beeinflusst, beeinflusst auch Debatten in Demokratien. Für die Partner aus dem Westen dagegen ist die Versuchung groß – das Emirat lockt mit Geld, Infrastruktur und Zugang zur Region. Die dpa argumentiert, sie müsse dort präsent sein, wo politische und wirtschaftliche Macht wächst.

Doch während in Doha neue Büros entstehen, bleibt die Frage im Raum: Wann kippt die Balance zwischen kritischer Distanz und unfreiwilliger Mittäterschaft?

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