18. Dezember, 2025

Fintech

12,5 Milliarden Euro Bewertung: Warum Trade Republic jetzt alle überholt

Der Berliner Neobroker wird mit 12,5 Milliarden Euro bewertet und zieht prominente Investoren aus Europa, den USA und Asien an. Ein Börsengang rückt damit vorerst in weitere Ferne.

12,5 Milliarden Euro Bewertung: Warum Trade Republic jetzt alle überholt
Der Neobroker verdoppelt seine Bewertung seit 2022 und verschiebt die Machtverhältnisse im deutschen Fintech-Markt.

Trade Republic hat eine neue Marke gesetzt. Beim Weiterverkauf von Anteilen aus dem Kreis früher Investoren wurde der Neobroker mit 12,5 Milliarden Euro bewertet. Damit ist das Berliner Fintech offiziell das wertvollste Start-up Deutschlands – noch vor der Münchner KI-Rüstungsfirma Helsing, die zuletzt auf rund zwölf Milliarden Euro kam.

Die Transaktion markiert einen Wendepunkt für den deutschen Start-up-Markt. Während viele Wachstumsfirmen seit Jahren um Bewertungen kämpfen, gelingt Trade Republic eine deutliche Aufwertung ohne frisches Kapital aufzunehmen.

Eine Secondary-Runde verschiebt die Kräfteverhältnisse

Die aktuelle Bewertung entstand im Rahmen einer sogenannten Secondary-Runde. Frühinvestoren veräußerten Anteile an bestehende und neue Geldgeber. Trade Republic selbst floss dabei kein neues Kapital zu. Für das Unternehmen ist das dennoch ein strategischer Gewinn.

Zum einen erlaubt die Runde frühen Investoren einen lukrativen Exit. Zum anderen sinkt der Druck auf das Management, zeitnah an die Börse zu gehen. Gründer und CEO Christian Hecker hatte zuletzt mehrfach betont, dass ein IPO nicht auf der Agenda stehe. Daran ändert auch die neue Bewertung nichts – im Gegenteil.

Arnault und Agnelli steigen ein

Bemerkenswert ist die Liste der neuen Investoren. Mit Aglaé und Lingotto beteiligen sich zwei der einflussreichsten europäischen Family Offices. Aglaé gehört zur Familie Arnault, die den Luxuskonzern LVMH kontrolliert. Lingotto ist Teil des Firmengeflechts der italienischen Agnelli-Familie, die unter anderem Ferrari und Juventus Turin prägt.

Hinzu kommen Schwergewichte aus den USA und Asien. Die Vermögensverwalter Wellington und Fidelity Investments sowie der Staatsfonds GIC aus Singapur beteiligen sich ebenfalls. Bestehende Investoren wie Founders Fund, Sequoia, Accel, TCV und Thrive stockten ihre Anteile auf.

Die Botschaft ist eindeutig: Trade Republic wird nicht mehr als Fintech-Experiment gesehen, sondern als langfristige Plattform mit systemischer Relevanz.

Bewertung mehr als verdoppelt seit 2022

Der Sprung ist erheblich. In der letzten großen Finanzierungsrunde im Sommer 2022 war Trade Republic mit fünf Milliarden Euro bewertet worden. Seitdem hat sich der Unternehmenswert mehr als verdoppelt.

Diese Entwicklung spiegelt das operative Wachstum wider. Trade Republic hat sich vom reinen Neobroker zu einer vollwertigen Digitalbank entwickelt. Ende 2023 erhielt das Unternehmen eine Vollbanklizenz. Seitdem bietet es Girokonten, eine eigene Bezahlkarte und klassische Bankdienstleistungen aus eigener Hand an.

Zehn Millionen Kunden und 150 Milliarden Euro Vermögen

Das Wachstum ist rasant. Innerhalb von 18 Monaten hat Trade Republic seine Kundenzahl auf mehr als zehn Millionen verdoppelt. Diese verwalten laut Unternehmen inzwischen rund 150 Milliarden Euro Vermögen.

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Der Erfolg basiert auf einer klaren Positionierung: einfache Nutzerführung, niedrige Kosten und ein breites Angebot von Aktien, ETFs, Sparplänen und Kryptowährungen. In vielen europäischen Ländern hat sich Trade Republic damit zur ersten Anlaufstelle für junge Privatanleger entwickelt.

Die Konkurrenz gerät unter Zugzwang

Der Aufstieg bleibt nicht ohne Folgen für den Markt. Klassische Banken reagieren zunehmend nervös. Sparkassen und Genossenschaftsbanken arbeiten an vereinfachten Trading-Angeboten in ihren Apps. Ab 2026 sollen Kunden dort direkt Wertpapiere handeln und Sparpläne anlegen können.

Auch Comdirect, die Online-Tochter der Commerzbank, versucht mit günstigeren Tarifen für junge Kunden gegenzuhalten. Zusätzlich planen mehrere Institute den Einstieg in den Kryptohandel – ein Feld, das Trade Republic bereits seit Längerem abdeckt.

Der Druck auf etablierte Banken wächst, denn Trade Republic greift nicht nur das Wertpapiergeschäft an, sondern zunehmend auch das klassische Girokonto.

Kundenservice bleibt eine offene Flanke

Bei aller Erfolgsgeschichte gibt es Schwachstellen. Insbesondere der Kundenservice steht in der Kritik. Beschwerden bei Verbraucherzentralen und der Finanzaufsicht Bafin haben 2025 deutlich zugenommen.

Trade Republic führt dies auf das starke Wachstum zurück, räumt aber Handlungsbedarf ein. Das Unternehmen kündigte an, den Service weiter auszubauen und Prozesse zu verbessern. Investoren zeigen sich bislang gelassen. Anders als bei der Neobank N26 zeichnen sich nach Einschätzung von Finanzkreisen keine restriktiven Maßnahmen der Bafin ab.

Wachstum statt Börsengang

Für Christian Hecker ist der Kurs klar. Trade Republic soll weiter wachsen – als privates Unternehmen. Der kulturelle Wandel hin zum privaten Investieren stehe in Europa erst am Anfang, sagt der Mitgründer. Rückenwind sieht er auch durch politische Initiativen, den Aktienbesitz stärker als Teil der Altersvorsorge zu etablieren.

Mit der neuen Bewertung, den prominenten Investoren und dem nachlassenden IPO-Druck hat Trade Republic genau das erreicht, was vielen Start-ups verwehrt bleibt: maximale strategische Freiheit.

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