Ein Präsident verteilt Drohbriefe
Donald Trump lässt keine Zweifel an seiner Haltung: Wer nicht spurt, zahlt. In Washington kündigt er an, zehn bis zwölf Briefe an ausländische Regierungen zu verschicken – mit der klaren Botschaft: Entweder ein Deal bis zum 1. August oder Zölle von 50 Prozent auf alle Importe in die USA. Besonders Europa steht im Fokus.
Für Brüssel steht viel auf dem Spiel. EU-Handelskommissar Maroš Šefčovič ist zum wiederholten Mal in Washington, um einen Kompromiss auszuhandeln.
Die EU wäre offenbar bereit, Importzölle von zehn Prozent zu akzeptieren – unter der Bedingung, dass Schlüsselindustrien wie Stahl, Pharma und Autos verschont bleiben. Doch das reicht Trump nicht. Ihm geht es längst nicht mehr nur um wirtschaftliche Fragen.
Zollrekorde durch Panikimporte
Die Zolleinnahmen der USA wirken auf dem Papier beeindruckend: Über 109 Milliarden Dollar allein in den ersten fünf Monaten des Jahres. Doch das ist kein Erfolg der Trump-Strategie – sondern ein Nebeneffekt der Angst.
Viele Unternehmen aus Europa und Asien haben ihre Lieferungen vorgezogen, um den neuen Strafzöllen zu entgehen. Das hat die Importe kurzfristig hochschnellen lassen – und damit die Einnahmen.
Für Trump ist das ein Punkt auf seiner Haben-Seite. Doch der Schein trügt. Denn die höheren Zölle zahlen nicht etwa die Europäer, sondern in erster Linie US-Verbraucher – vor allem Haushalte mit niedrigem Einkommen. Ökonomen sprechen bereits von einer versteckten Steuer, die die falschen trifft.
Vertrauen verspielt, Märkte verunsichert
Die wirtschaftliche Unsicherheit zeigt sich auch an den Finanzmärkten. Der S&P 500 verlor im April über zwölf Prozent, konnte sich aber wieder erholen. In Euro gerechnet liegt der Index jedoch noch immer deutlich unter seinem Jahreshoch. Viele Anleger zweifeln inzwischen an der Stabilität des Dollarraums.

Der Wechselkurs wankt, US-Staatsanleihen verlieren an Attraktivität, Kapital wandert ab. Und mit dem Kapital auch das Vertrauen. Erste Analysten stellen bereits die Rolle des Dollar als Weltleitwährung infrage.
Trumps Konfrontationskurs bringt zwar kurzfristige Schlagzeilen – doch mittelfristig gefährdet er die finanzielle Basis des Landes.
Brüssel bleibt hart – zumindest beim Digitalen
Doch Trump will mehr als nur Geld. Er stört sich vor allem an der europäischen Regulierung. Datenschutzgesetze, Wettbewerbsregeln, Plattformhaftung – alles ein Ärgernis für ihn und die US-Techkonzerne, die unter europäischen Strafen leiden.
Hier aber hört das Entgegenkommen der EU auf. Die Regelwerke zu digitalen Märkten (DMA) und digitalen Diensten (DSA) gelten als nicht verhandelbar. „Unsere Gesetze sind keine Verhandlungsmasse“, heißt es aus Brüssel.
Selbst innerhalb des EU-Parlaments ist man sich einig: Der Schutz vor digitalen Monopolen steht nicht zur Disposition – selbst wenn Trump droht.
Ein Präsident und sein Netzwerk
Während Europa um Grundprinzipien ringt, wird in Washington Politik zur persönlichen Angelegenheit. Trumps Vermögen ist während seiner zweiten Amtszeit deutlich gestiegen – ebenso das seiner Familie.
Katar schenkte ihm kürzlich einen Jumbojet im Wert von rund 400 Millionen Dollar. In Serbien sicherte sich sein Schwiegersohn Jared Kushner ein Staatsgrundstück für ein Luxushotel. Und in der US-Hauptstadt eröffnete sein Sohn Donald Jr. den exklusiven Club „Executive Branch“ – Mitgliedschaft: 500.000 Dollar.
Für die EU ist das kein Spielfeld. Handelskommissar Šefčovič dürfte dort keinen Zutritt erhalten – nicht zum Club und wohl auch nicht zu Trumps innerstem Zirkel.
Zölle, Machtspiele und ein teurer Irrtum
Der Eindruck, den Trump erweckt, ist der des siegreichen Präsidenten, der die Welt mit seiner ökonomischen Macht in die Knie zwingt. Doch tatsächlich hat seine Politik eine Schneise der Unsicherheit hinterlassen – für Unternehmen, Investoren und Staaten gleichermaßen.
Die wirtschaftlichen Schäden sind real, die langfristigen Folgen offen. Klar ist nur: Der größte Nutznießer ist nicht die amerikanische Wirtschaft. Es ist ein Präsident, der öffentliche Macht mit privaten Interessen vermischt – und dessen Handelskrieg die Welt teuer zu stehen kommt.
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