21. August, 2025

Politik

Zurück im Kreis der Fanatiker – wie Sven Lau die Szene erneut aufmischt

Der einst geläuterte Islamist Sven Lau taucht wieder in salafistischen Kreisen auf. Der Verfassungsschutz warnt – und spricht von einer „Legende“, die zurückkehrt.

Zurück im Kreis der Fanatiker – wie Sven Lau die Szene erneut aufmischt
Sven Lau wurde 2017 wegen Unterstützung einer Terrororganisation verurteilt – nun stuft ihn der Verfassungsschutz erneut als gefährlich ein.

Ein Rückfall mit Ansage

Düsseldorf, Hochsommer 2025: Der Name Sven Lau steht wieder auf den Listen der Sicherheitsbehörden. „Gefährder“, heißt es nun erneut. Für viele kommt das überraschend – für einige gar nicht. Denn wer Lau über Jahre beobachtet hat, weiß: Sein Ausstieg aus der Szene war nie wirklich glaubwürdig.

Lau war nie einer von vielen. Er war das Gesicht einer Bewegung. Ein Konvertit, der das Rampenlicht suchte – ob als Prediger, als selbsternannter Hüter islamischer Moral oder als Unterstützer syrischer Terrorgruppen. 2017 wurde er verurteilt. Terrorunterstützung, Anwerbung von Kämpfern, Lieferung von Ausrüstung. Fünfeinhalb Jahre Haft.

Der Mann mit der Warnweste

Die meisten erinnern sich an ihn in einer orangefarbenen Weste: „Scharia-Polizei“ stand darauf. Gemeinsam mit Gleichgesinnten marschierte er 2014 durch Wuppertal. Er verteilte Visitenkarten, machte sich zum Moralapostel und predigte einen Islam, wie ihn nur Hardliner verstehen.

2014 patrouillierte Lau mit orangefarbener Warnweste durch Wuppertal – ein inszenierter Akt islamistischer Machtdemonstration mitten in Deutschland.

Er wurde zur Symbolfigur – erst für die Szene, später für die Debatte um Radikalisierung in Deutschland. Dann kam das Urteil. Dann die Wende.

Der geläuterte Gläubige?

Nach seiner Entlassung 2019 inszenierte sich Lau als geläutert. In einem YouTube-Video sagte er: „Ich kann mir gar nicht erklären, wie verblendet ich war.“ Er wollte raus – aus der Szene, aus dem Schatten der Vergangenheit. Zumindest klang das so. Der Staat glaubte ihm. Zwei Jahre Haft, dann Entlassung. Er durchlief ein Deradikalisierungsprogramm, gab sich einsichtig. Vorübergehend.

Aber 2023 war er wieder da – nicht in der Öffentlichkeit, sondern vor dem Düsseldorfer Oberlandesgericht. Nacht, fünf Personen, laut Innenministerium „staatsschutzrelevant“. Seitdem verdichten sich die Hinweise, dass Lau nie ganz weg war. Nur leiser. Jetzt ist er wieder laut.

Neue Gesichter, alte Kontakte

Besonders alarmierend: seine Nähe zu neuen – und alten – Köpfen der Szene. Dehran Asanov, auch bekannt als „Abdelhamid“, ein Prediger mit TikTok-Affinität, wurde kürzlich zu drei Jahren Haft verurteilt – wegen Unterschlagung von fast einer halben Million Euro Spendengelder.

Auch er kennt Lau. Ebenso wie Pierre Vogel alias „Abu Hamza“, der seit Jahren als Galionsfigur der Salafistenszene gilt. Über Lau sagt Vogel: „Mein bester Freund.“

Trotz angeblicher Deradikalisierung pflegt Lau weiter Kontakte zu Szenegrößen wie Pierre Vogel – ein Beleg für das anhaltende Gefahrenpotenzial.

Es ist ein Netzwerk, das sich ständig erneuert – mit neuen Plattformen, jüngeren Gesichtern, modernem Anstrich. Doch das Fundament bleibt gleich: ein fundamentalistisches Weltbild, das sich gegen die westliche Gesellschaft richtet.

Der Mythos von der Reue

Ob Lau je wirklich ausgestiegen war, ist heute mehr als fraglich. Auf Vorwürfe, er habe im Gefängnis mit dem Verfassungsschutz kooperiert, reagiert er scharf. Von „Deislamisierung“ spricht er, von Treue gegenüber „den Brüdern“. Und davon, dass er nie jemanden verraten habe.

Die Wortwahl ist bezeichnend – und zeigt, wie sehr er sich wieder als Teil der Szene sieht. Nicht als Reformer, sondern als Rückkehrer. Die Sicherheitsbehörden sehen das genauso. Für sie ist die Rückkehr einer bekannten Figur wie Lau eine ernste Entwicklung: „Wenn sich eine Legende zurückmeldet und vom Ausstieg nichts mehr wissen will, ist das mehr als alarmierend“, heißt es aus Verfassungsschutzkreisen.

Die offene Flanke des Staates

Der Fall Lau wirft erneut ein Schlaglicht auf ein strukturelles Problem: Wie erkennt man echte Läuterung? Und wie geht man mit Menschen um, die Deradikalisierung als taktisches Manöver nutzen? Reue lässt sich schlecht messen. Und in sozialen Netzwerken reicht schon ein Video, um wieder Einfluss zu gewinnen.

Der Staat, so scheint es, läuft der Szene oft hinterher. Während TikTok-Prediger neue Zielgruppen erreichen, sind viele Präventionsprogramme nicht auf die Realität digitaler Radikalisierung eingestellt.

Kein Einzelfall

Lau steht stellvertretend für ein größeres Phänomen. Islamisten, die sich zurückziehen – nur um später wieder aufzutauchen. Mit neuen Freunden, neuer Rhetorik, aber alter Mission. Die Strategie: sich entziehen, abwarten, zurückkehren. Mit noch mehr Aufmerksamkeit als zuvor.

Und so ist es kein Zufall, dass ausgerechnet Sven Lau, der einstige Star der Szene, heute wieder in deren Mitte steht. In einer Zeit, in der Extremismus längst nicht mehr mit Kalaschnikows beginnt, sondern mit Likes, Kommentaren und Spendenaufrufen auf TikTok.

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