Gold kennt zum Jahresende nur eine Richtung: nach oben. Seit März 2024 hat sich der Preis für die Feinunze um rund 120 Prozent verteuert. Nach dem Rekordhoch im Oktober folgte zwar ein scharfer Rücksetzer, doch er erwies sich nicht als Wendepunkt, sondern als Verschnaufpause. Inzwischen notiert Gold über dem damaligen Hoch – und nähert sich der 4.500-Dollar-Marke.
Von einer Blase kann keine Rede sein. Der Anstieg verlief nicht exponentiell, sondern in Etappen. Drei längere Konsolidierungsphasen unterbrachen den Aufwärtstrend. Genau dieses Muster spricht für einen stabilen Bullenmarkt. Das Momentum ist wieder klar positiv. Bleibt ein größerer Rückschlag bis Jahresbeginn aus, gilt das als technisches Kaufsignal für 2026.
Gold antizipiert die Krise der Staatsanleihen
Der Treiber der Rally liegt nicht im Schmuckmarkt und nicht in kurzfristiger Spekulation. Gold reagiert auf eine tektonische Verschiebung im globalen Finanzsystem. Jahrzehntelang galten US-Staatsanleihen als ultimative Reserveanlage: liquide, sicher, jederzeit einsetzbar. Dieses Vertrauen erodiert.
Ein Einschnitt war die Entscheidung westlicher Staaten im März 2022, russische Auslandsvermögen einzufrieren. Seither wissen Notenbanken weltweit, dass Dollar-Assets politisch angreifbar sind. Die Reaktion ist eindeutig: Gold ersetzt Anleihen als strategischer Sicherheitspuffer.
Zwischen Januar 2022 und September 2025 stieg der Anteil von Gold an den globalen Währungsreserven von 18,4 auf 27,6 Prozent. Diese Verschiebung ist historisch – und sie ist noch nicht abgeschlossen.
Der Dollar verliert – der Euro profitiert nicht
Der Bedeutungsverlust des Dollar als Reservewährung ist messbar. Sein Anteil an den weltweiten Devisenreserven (ohne Gold) sank von 65,4 Prozent im Jahr 2016 auf 54,6 Prozent im Jahr 2024. Der Euro hätte davon profitieren können. Tut er aber nicht.
Seit der Jahrtausendwende verharrt der Euro-Anteil bei knapp 20 Prozent. Für viele Zentralbanken ist er keine echte Alternative zum Dollar. Gold hingegen schon. Es ist wertstabil, politisch neutral und keiner Schuldnerlogik unterworfen. Genau deshalb gewinnt es als monetärer Anker an Bedeutung.
Physisches Gold bleibt die Basis
Für Anleger, die physisches Gold erwerben wollen, gilt eine einfache Regel: Je größer die Einheit, desto geringer der Aufschlag. Kleine Barren und Minimünzen sind teuer in der Herstellung und schlagen sich im Preis nieder.
Bewährt haben sich Ein-Unzen-Münzen wie Krügerrand, Philharmoniker oder Maple Leaf sowie Barren renommierter Hersteller wie Umicore oder Heraeus ab 100 Gramm. Der Kauf sollte ausschließlich über etablierte Edelmetallhändler oder Banken erfolgen.

Börsengehandelte Alternativen für mehr Flexibilität
Wer Gold flexibel und mit geringem Kapitaleinsatz handeln will, greift zu physisch besicherten Goldpapieren. In Deutschland ist Xetra-Gold der bekannteste Vertreter. Das Papier verbrieft einen Auslieferungsanspruch auf physisches Gold und wird nahe am Spotpreis gehandelt.
Rechtlich handelt es sich um eine Inhaberschuldverschreibung – kein Sondervermögen. Dieses Detail sollten Anleger kennen. Für taktische Positionen und Liquidität ist das Produkt dennoch gut geeignet.
Goldminen profitieren doppelt
Noch dynamischer als der Goldpreis entwickelten sich Goldminenaktien. Gemessen am Earth Gold Fund haben sie seit März 2024 etwa doppelt so stark zugelegt wie das Metall selbst. Trotzdem sind sie historisch betrachtet nicht teuer.
Der Grund: Die Branche startete von einem extrem niedrigen Bewertungsniveau. Gleichzeitig wirkt der Hebel des Goldpreises voll. Minen erzielen höhere Verkaufserlöse – und ihre Reserven gewinnen bilanziell an Wert.
Die Kostenstruktur ist dabei bemerkenswert. Große und mittelgroße Produzenten fördern eine Unze Gold derzeit für rund 2.000 Dollar. Verkauft wird sie für über 4.000 Dollar. Margen dieser Größenordnung hat die Industrie noch nie gesehen. Die Folge: Schuldenabbau, Aktienrückkäufe, steigende Dividenden. Die Bilanzen der Produzenten sind so robust wie selten zuvor.
Fonds statt Einzeltitel
Die Auswahl einzelner Goldminen erfordert Fachwissen. Geologie, Förderkosten, politische Risiken – all das entscheidet über Erfolg oder Misserfolg. Für viele Anleger ist ein aktiv gemanagter Fonds der bessere Weg, etwa der Earth Gold Fund, der gezielt auf Qualität und Bilanzstärke setzt.
Gold bleibt strategisch
Gold ist kein kurzfristiger Trade mehr. Es ist zurück als strategische Anlageklasse. Der Preisanstieg reflektiert Misstrauen gegenüber Staatsanleihen, Währungen und politischen Zusagen. Solange dieses Misstrauen anhält, bleibt der strukturelle Rückenwind intakt.
Die Marke von 4.500 Dollar ist kein Endpunkt. Sie ist eher ein Zwischenstopp.


