28. August, 2025

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U-Boot-Deal mit Kanada? Thyssenkrupp hofft – die Aktie fällt trotzdem

Kanada prüft, ob es seine Flotte mit U-Booten von thyssenkrupp modernisiert. Politisch ein Prestigeprojekt, wirtschaftlich ein Rettungsanker. An der Börse überzeugt das Anleger bislang nicht.

U-Boot-Deal mit Kanada? Thyssenkrupp hofft – die Aktie fällt trotzdem
Milliardenauftrag mit Fragezeichen: Premierminister Mark Carney prüft die deutsche U-Boot-Klasse 212CD – parallel wirbt Südkorea aggressiv um denselben Deal.

Während Bundeskanzler Friedrich Merz und Kanadas Premierminister Mark Carney in Berlin über Sicherheitspolitik sprechen, hängt in Kiel für thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) viel mehr als nur ein neuer Auftrag in der Luft.

Carney kündigte an, den deutschen Standort am Nachmittag persönlich zu besuchen – eine Geste, die zeigt, wie ernsthaft Ottawa über einen Milliardenauftrag für neue U-Boote nachdenkt.

Doch die Börse bleibt skeptisch: Die Aktie des angeschlagenen Industriekonzerns notiert am Dienstagmittag im Minus, bei rund 9,08 Euro.

Quelle: Eulerpool

Milliardenauftrag mit Signalwirkung

TKMS zählt zu den weltweit führenden Herstellern nicht-nuklearer U-Boote. In Kiel laufen derzeit bereits Arbeiten an zehn Einheiten der neuen Klasse 212CD, die gemeinsam von Deutschland und Norwegen bestellt wurden.

Sollte Kanada dieses Modell übernehmen, entstünde ein transatlantisches Flottenkonzept, das militärisch wie politisch Gewicht hätte. „Ein sehr starkes Signal“, nannte es Bundeskanzler Merz – und meinte damit nicht nur die militärische Dimension, sondern auch die strategische Bindung Kanadas an Europa.

Konkurrenz aus Südkorea

Noch ist der Auftrag nicht vergeben. Carney plant im Oktober einen Besuch beim südkoreanischen Wettbewerber, der ebenfalls im Rennen ist. Ein klassisches Bietergefecht, bei dem es am Ende nicht nur um technische Fragen, sondern auch um Preise und politische Verflechtungen geht.

Für thyssenkrupp stünde viel auf dem Spiel: Ein Zuschlag könnte nicht nur das Marinegeschäft sichern, sondern auch im Konzern insgesamt dringend benötigte Einnahmen generieren.

Werft in Kiel: Bei thyssenkrupp Marine Systems entstehen aktuell zehn U-Boote für Deutschland und Norwegen. Doch die Zukunft hängt zunehmend von Aufträgen wie dem aus Kanada ab.

Ein Konzern in der Dauerkrise

Denn während die Marinesparte im weltweiten Wettbewerb glänzt, schwächelt der Rest des Konzerns. Der traditionsreiche Stahl- und Industriekonzern steckt seit Jahren in einem Umbruch, geprägt von Sparrunden, Verkäufen und milliardenschweren Verlusten.

Anleger fürchten, dass selbst große Einzelaufträge nicht ausreichen, um die strukturellen Probleme zu überdecken. Das erklärt auch, warum die Aktie am Dienstag trotz der Nachrichten um 0,57 Prozent nachgab.

Hoffnungsträger Marine – mit Risiken

TKMS gilt als einer der wenigen Bereiche, die noch Wachstum und Profitabilität versprechen. Doch auch hier ist der Erfolg nicht garantiert. Rüstungsaufträge ziehen sich über Jahre, ihre Vergabe hängt am langen Arm der Politik, und die Konkurrenz wird aggressiver.

Sollte Kanada sich am Ende für Südkorea entscheiden, wäre das für TKMS ein herber Rückschlag – und für den Konzern ein verpasstes Signal der Stabilisierung.

Symbolpolitik und Realität

Dass der Premierminister nach Kiel reist, ist mehr als eine bloße Etappe seines Deutschland-Besuchs. Es ist eine Einladung, die Erwartungen hochzutreiben – bei Werftarbeitern, Politikern und einem angeschlagenen Konzern gleichermaßen. Ob daraus ein echter Durchbruch wird, hängt am Ende weniger von der Werft in Kiel ab als von Kanadas strategischem Kurs.

Einst war thyssenkrupp der Stolz der deutschen Industrie. Heute klammert sich der Konzern an Aufträge wie diesen. Der Besuch Carneys mag ein Hoffnungsschimmer sein – doch die Börse zeigt, wie tief das Misstrauen sitzt.

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