Therapie für wenige, Hoffnung für viele
In Deutschland leben rund eine Million Menschen mit Alzheimer. Lecanemab ist jedoch nur für eine kleine Untergruppe geeignet: Patienten im frühen Stadium der Krankheit, meist innerhalb der ersten drei Jahre nach Diagnose, und nur dann, wenn genetische Tests keine doppelten ApoE4-Mutationen zeigen.
Das betrifft nach Schätzungen etwa 250.000 Menschen – also nur ein Viertel der Betroffenen.
Infusion alle zwei Wochen – mit Nebenwirkungen
Verabreicht wird der Antikörper als Infusion im Zweiwochenrhythmus. Ziel ist es, die schädlichen Amyloid-Ablagerungen im Gehirn zu reduzieren und den Krankheitsverlauf um einige Monate zu verzögern.
Heilung bietet auch dieses Mittel nicht. Zudem sind die Risiken erheblich: Schwellungen und Mikroblutungen im Gehirn treten bei einem Teil der Patienten auf – genau das hatte bei einer ersten Prüfung der EU-Arzneimittelbehörde zur Ablehnung geführt.
Erst eine erneute Bewertung mit klarer Einschränkung auf die genetisch definierte Patientengruppe brachte die Zulassung.

Kostenexplosion im Gesundheitssystem
Die Zahlen sind gewaltig: Für einen Patienten mit 70 Kilogramm Körpergewicht kalkulieren Fachgesellschaften mit reinen Medikamentenkosten von rund 24.000 Euro pro Jahr. Hinzu kommen Tests, Überwachung und Durchführung, die weitere 10.000 Euro kosten können.
Damit summiert sich die Behandlung auf etwa 34.000 Euro jährlich. In einem Gesundheitssystem, das ohnehin unter Kostendruck steht, wirft das Fragen nach der Finanzierbarkeit auf.
Wer zahlt die Rechnung?
Zum Start übernehmen die Krankenkassen die Kosten. Parallel prüft der Gemeinsame Bundesausschuss, welchen tatsächlichen Zusatznutzen Lecanemab im Vergleich zu bisherigen Therapien bietet.
Das Ergebnis entscheidet über den endgültigen Erstattungspreis. Bis dahin müssen Kliniken in Vorleistung gehen – eine Belastung, die den Start in manchen Häusern verzögern dürfte. Denn Ambulanzpauschalen und Abrechnungsmodelle sind noch nicht verhandelt.
Herausforderung für Kliniken und Patienten
Vor Beginn der Therapie sind aufwendige Tests Pflicht: Biomarker im Gehirn müssen die Diagnose bestätigen, zusätzlich ist ein Gentest auf ApoE4 vorgeschrieben.
Kliniken wie die Uniklinik Köln sehen sich zwar technisch vorbereitet, doch die Kapazitäten an Personal, MRT- und Infusionsplätzen könnten zum Flaschenhals werden. Vor allem kleinere Häuser warnen vor Überlastung, wenn mehr Patienten Zugang zu der Therapie verlangen, als Plätze vorhanden sind.
Medizinischer Fortschritt – aber kein Wundermittel
So groß die Hoffnungen sind: Lecanemab bremst die Krankheit bestenfalls, heilen kann es nicht. Betroffene und Angehörige dürfen also keine Wunder erwarten.
Experten sprechen von einer Verzögerung des Krankheitsverlaufs um einige Monate – ein Gewinn an Lebenszeit mit weniger Symptomen, aber kein Durchbruch in Richtung Heilung.
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