Die neue Teams-Funktion ist technisch simpel und rechtlich heikel
Microsoft erweitert Teams um ein Feature, das genau registriert, wo Mitarbeitende arbeiten: Zu Hause oder im Büro. Die Software erkennt automatisch, wenn sich ein Gerät mit dem hinterlegten Büro-WLAN verbindet, und setzt den Status auf „im Büro“.
GPS-Daten fließen nicht ein, doch für Arbeitsrechtler bleibt der Kern gleich: Es handelt sich um personenbezogene Daten, die Aufschluss über das Bewegungsprofil eines Mitarbeiters geben.
Aktiv wird die Funktion nur, wenn Arbeitgeber sie einschalten. Dazu muss die IT-Abteilung die SSIDs der Firmenstandorte in Teams hinterlegen. Erst dann kann die App das WLAN erkennen und den Standort zuordnen. Microsoft verkauft die Neuerung als Beitrag zur besseren Zusammenarbeit – damit Teammitglieder sehen, wer gerade vor Ort ist. Aber genau dieser scheinbar harmlose Nutzen führt in ein arbeitsrechtlich vermintes Feld.
Unternehmen brauchen die Einwilligung – ohne sie ist der Einsatz illegal
Für Arbeitsrechtlerin Anneka Ruwolt ist klar: Die automatische Standorterfassung ist ohne Zustimmung der Beschäftigten nicht zulässig. Der Vorgang fällt unter die DSGVO, weil damit Informationen erfasst werden, die Rückschlüsse auf das Verhalten und die Arbeitsweise eines Mitarbeiters erlauben. Ohne Einwilligung wären diese Datenverarbeitungen eine Ordnungswidrigkeit, die Bußgelder nach sich ziehen kann.

In kleinen Betrieben genügt eine direkte Einwilligung der Mitarbeitenden. In größeren Unternehmen muss der Betriebsrat beteiligt werden und eine Betriebsvereinbarung abschließen. Diese Vereinbarung muss den Schutz der Persönlichkeitsrechte ausdrücklich berücksichtigen. Ein rein formaler Hinweis auf die neue Funktion reicht dafür nicht.
Arbeitnehmer behalten zudem jederzeit das Recht, ihre Zustimmung zu verweigern oder zu widerrufen. Tun sie das, darf der Arbeitgeber die Funktion nicht nutzen – und muss gespeicherte Daten löschen.
Die Funktion kann schnell zur Überwachung werden
Arbeitgeber dürfen die automatische Standorterkennung nur einsetzen, wenn sie einem legitimen Zweck der Zusammenarbeit dient – etwa der Planung von Meetings oder der Koordination hybrider Teams. Sobald jedoch Kontrollabsicht ins Spiel kommt, überschreitet der Arbeitgeber eine Grenze.
Schon heute erlauben digitale Tools weitreichende Überwachungsmöglichkeiten, etwa über Buchungssysteme für Arbeitsplätze oder Aktivitätsdaten in Kollaborationstools. Die neue Teams-Funktion erweitert diese Möglichkeiten – und wirft die Frage auf, wie gläsern Arbeitnehmer in hybriden Arbeitsmodellen werden sollen.

Arbeitsrechtlich bleibt entscheidend, dass der Arbeitgeber weder detaillierte Bewegungsprofile erstellt noch Anwesenheitspflichten kontrolliert, die so gar nicht im Arbeitsvertrag stehen. Je enger die Funktion mit Personalentscheidungen verknüpft wird, desto wahrscheinlicher liegt ein Verstoß gegen das Datenschutz- und Arbeitsrecht vor.
Beschäftigte können erkennen, ob die Funktion aktiviert ist
Die Aktivierung erfolgt im Unternehmen, nicht bei Microsoft. Beschäftigte sehen künftig direkt in ihrem Profilmenü, ob Teams ihren Arbeitsort automatisch setzt. Bislang konnten sie dort selbst angeben, ob sie im Büro oder im Homeoffice arbeiten. Wenn nach dem Update plötzlich ohne eigenes Zutun der Status erscheint, ist klar: Die Funktion wurde aktiviert.
Damit eröffnet sich eine einfache Möglichkeit zur Kontrolle – und ein Frühwarnsignal, falls Arbeitgeber ohne ausreichende Information Fakten schaffen. Für Unternehmen empfiehlt sich daher, vor der Aktivierung klare interne Regeln zu kommunizieren und die Einwilligung sauber einzuholen.
Microsoft treibt die Debatte über hybride Arbeitsmodelle voran
Mit dem Update reagiert Microsoft auf einen praktischen Bedarf: In vielen Unternehmen ist die Planung hybrider Zusammenarbeit mühsam, weil niemand weiß, wer wann im Büro ist. Eine automatische Anzeige könnte Abläufe vereinfachen. Doch Microsoft zwingt Unternehmen damit auch zu einer Grundsatzentscheidung: Wie viel Transparenz ist sinnvoll, wie viel Kontrolle ist erlaubt – und wo liegt die Grenze zur Überwachung?
Das Feature ist technisch harmlos, politisch aber aufgeladen. Es setzt einen neuen Standard, der den Umgang mit Präsenzkultur und Homeoffice verändert. Und es verlangt von Unternehmen, Datenschutzfragen nicht länger am Rand, sondern im Zentrum ihrer digitalen Infrastruktur zu lösen.



