25. September, 2025

Politik

Jimmy Kimmel gegen Trump: Wie ein halbes Comeback Amerikas Kulturkampf entlarvt

Die Rückkehr von Jimmy Kimmel auf die US-Bildschirme ist mehr als eine TV-Geschichte. Sie offenbart ein Machtspiel zwischen Politik, Medienkonzernen und milliardenschweren Deals – und zeigt, wie sehr Donald Trump die Grenzen der Meinungsfreiheit verschiebt.

Jimmy Kimmel gegen Trump: Wie ein halbes Comeback Amerikas Kulturkampf entlarvt
Jimmy Kimmel zurück auf Sendung – doch nicht überall: Während Disney und ABC die Show wieder ausstrahlen, blockieren Nexstar und Sinclair auf einem Viertel der lokalen Stationen weiterhin seine Rückkehr.

Es ist 20:35 Uhr Ortszeit in Los Angeles, als Jimmy Kimmel in schwarzem Anzug und gestreifter Krawatte vor sein Publikum tritt. Der Mann, der eben noch als abgesetzt galt, steht wieder im Rampenlicht. Er wirkt kämpferisch, aber auch verletzlich.

Tränen steigen ihm in die Augen, als er sich für unbedachte Worte entschuldigt – Worte, die ihn fast seine Karriere gekostet hätten. Doch im Hintergrund geht es längst nicht nur um eine Entschuldigung. Es geht um Milliarden, Macht und die Frage, wer in den USA noch wagt, sich Donald Trump offen entgegenzustellen.

Ein Showmaster als Symbolfigur

Kimmel beginnt sein „Comeback“ mit einem Eingeständnis: Er habe nie die Ermordung des konservativen Aktivisten Charlie Kirk verharmlosen wollen. Dass er das überhaupt betonen muss, zeigt, wie aufgeheizt das Klima in den USA inzwischen ist. Jede Pointe, jede Formulierung wird zur Waffe in einem Kulturkrieg, in dem Humoristen zu politischen Gegnern erklärt werden.

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Doch Kimmel macht keinen Rückzieher. Er attackiert Trump direkt, wirft ihm vor, die Meinungsfreiheit anzugreifen. „Der Präsident will, dass ich meinen Job verliere – und mit mir hunderte Menschen, die hier arbeiten“, sagt Kimmel. Der Applaus im Studio ist laut. Doch draußen, im Fernsehgeschäft, herrscht Unsicherheit.

Das Machtspiel hinter den Kulissen

Denn während Disney, der Mutterkonzern von ABC, Kimmel zurück auf Sendung bringt, blockieren große Rundfunkpartner wie Nexstar und Sinclair seine Show weiterhin. Gemeinsam kontrollieren sie rund ein Viertel aller lokalen ABC-Stationen. Offiziell wegen „Sensibilität“. Inoffiziell wohl, weil Nexstar mitten in einem Milliarden-Deal steckt: der Übernahme des Senders Tegna für mindestens sechs Milliarden Dollar.

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Die Sache hat einen Haken: Für den Kauf braucht Nexstar grünes Licht von der Medienaufsicht FCC – und die wird von Brendan Carr geleitet, einem engen Trump-Vertrauten. Zu riskant also, den Präsidenten zu verärgern. Der Verdacht: Die Sender kuschen, um ihre Deals nicht zu gefährden.

Trump dreht an der Schraube

Trump selbst gießt Öl ins Feuer. Auf seiner Plattform Truth Social nennt er Kimmel einen „Handlanger der Demokraten“ und die Show einen „illegalen Wahlkampfbeitrag“. Juristische Schritte gegen ABC stellt er in Aussicht. Es ist ein Tonfall, der nicht zufällig an Mafia-Filme erinnert. Selbst Republikaner wie Ted Cruz fühlen sich bemüßigt, Vergleiche mit „Goodfellas“ zu ziehen.

Politik trifft Fernsehen: Kimmels Comeback fällt mitten in Nexstars geplante Milliardenübernahme von Tegna – ein Deal, der ohne die Zustimmung der von Trump-nahen Kreisen dominierten Medienaufsicht FCC nicht zustande kommt.

Dass ein US-Präsident offen mit Lizenzentzug und juristischen Drohungen gegen Medien spielt, wäre vor Jahren undenkbar gewesen. Heute gehört es zur Realität. Trump nennt kritische Berichterstattung „illegal“ und erklärt Journalisten pauschal zu Straftätern.

Die Disney-Falle

Für Disney ist die Causa Kimmel ein PR-Alptraum. Auf Social Media kursieren Boykottaufrufe, Suchanfragen nach „Disney Plus kündigen“ steigen. Gleichzeitig drohen prominente Filmschaffende, nicht mehr mit dem Konzern zu arbeiten. Namen wie Tom Hanks und Damon Lindelof finden sich auf Protestlisten. Der Aktienkurs, ohnehin seit Jahren auf Talfahrt, rutscht weiter ab.

Disney reagiert mit der Strategie, die in Trumps Amerika viele Unternehmen verfolgen: so unpolitisch wie möglich wirken, Konflikte aussitzen, den Präsidenten nicht reizen. Das Statement zur Rückkehr Kimmels ist auffallend nüchtern, fast steril.

Die Konkurrenz greift an

Während Kimmel vorsichtig balanciert, gehen Kollegen wie John Oliver und Jimmy Fallon in die Offensive. Oliver vergleicht Trumps Vorgehen offen mit Putins Methoden. Fallon spielt in einem Sketch die Zensur des Präsidenten durch. Der spöttische Unterhaltungsjournalismus, einst US-Tradition, wirkt heute wie ein Akt des Widerstands.

Gewinner wider Willen

Am Ende dieser turbulenten Woche steht Kimmel erstaunlicherweise gestärkt da. Seine Einschaltquoten schnellen nach oben, die Follower-Zahlen in den sozialen Medien ebenso. „Trump wollte mich canceln. Stattdessen sehen jetzt Millionen meine Sendung“, sagt Kimmel süffisant.

Doch der Satz, der bleibt, ist ein anderer – halb Witz, halb bitterer Ernst: „Dieses Land ist so autoritär geworden, die Deutschen sagen schon: Komm‘ zu uns!“

Ein Late-Night-Host macht einen Scherz, und plötzlich wird er zur Projektionsfläche eines politischen Dramas. In Wahrheit geht es dabei nicht nur um Jimmy Kimmel. Es geht um eine Demokratie, in der Meinungsfreiheit längst zur Verhandlungsmasse geworden ist – zwischen Politikern, Medienkonzernen und milliardenschweren Deals.