In Japan kletterten die Indizes am Freitag auf ein Sechs-Wochen-Hoch. Der Nikkei sprang über die Marke von 50.900 Punkten, der breiter gefasste Topix legte ebenfalls zu. Anleger setzen auf eine Mischung aus fiskalischem Rückenwind, moderatem Inflationsdruck und der Aussicht auf weitere Zinserhöhungen, die als Zeichen wirtschaftlicher Normalisierung interpretiert werden. In China dagegen verpufften selbst milliardenschwere Investitionsankündigungen – ein Signal für tiefsitzendes Misstrauen.
Japans Rekordbudget verändert die Erwartungslage
Der entscheidende Impuls kam aus der Politik. Das Kabinett von Ministerpräsidentin Sanae Takaichi verabschiedete einen Rekordhaushalt von 122,3 Billionen Yen für das kommende Fiskaljahr. Umgerechnet rund 785 Milliarden Dollar fließen in Sozialausgaben, Verteidigung, Infrastruktur und industriepolitische Programme.

Für den Markt ist weniger die absolute Höhe entscheidend als die Botschaft dahinter. Der Staat signalisiert Stabilität und Handlungsfähigkeit in einer Phase, in der viele Volkswirtschaften sparen müssen. Der Haushalt gilt als wachstumsfreundlich, ohne die Finanzmärkte mit neuen Schuldensorgen zu verschrecken. Japans hohe Staatsverschuldung ist seit Jahren bekannt und eingepreist – Überraschungen löst sie nicht mehr aus.
Hinzu kommt, dass Investoren den Fiskalkurs als komplementär zur Geldpolitik lesen. Während andere Länder zwischen Konjunkturstützung und Inflationsbekämpfung lavieren, scheint Japan einen klaren Pfad zu verfolgen.
Inflation bleibt über Ziel und stützt Zinserwartungen
Parallel zum Haushalt lieferten neue Inflationsdaten den zweiten Kurstreiber. In Tokio verlangsamte sich die Kerninflation im Dezember zwar auf 2,3 Prozent, blieb damit aber oberhalb des offiziellen Zwei-Prozent-Ziels der Bank of Japan.
Genau diese Kombination nährt die Zuversicht der Anleger. Die Inflation ist hoch genug, um weitere Zinsschritte zu rechtfertigen, aber niedrig genug, um keine Rezessionsängste auszulösen. Die Bank of Japan hat ihre Kommunikation zuletzt bewusst offen gehalten. Beobachter werten das als Versuch, sich maximale Flexibilität beim Timing weiterer Zinserhöhungen zu sichern.
Für den Aktienmarkt ist das eine komfortable Situation. Steigende Zinsen gelten hier nicht als Bedrohung, sondern als Bestätigung, dass Japan die jahrzehntelange Phase ultralockerer Geldpolitik hinter sich lässt. Besonders Banken, Versicherer und zyklische Werte profitieren von dieser Neubewertung.
Tokio zieht Asien nach oben
Der Optimismus beschränkte sich nicht auf Japan. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans erreichte den höchsten Stand seit Mitte November. Die Jahresendrally speist sich aus globalen Faktoren: sinkende Zinserwartungen in den USA, robuste Konsumdaten und die Hoffnung auf ein weniger volatiles Jahr 2026.
Doch der Blick nach China zeigt, dass dieser Aufschwung nicht gleichmäßig verteilt ist.

Chinas Milliardenfonds überzeugen Anleger nicht
In Shanghai traten die Kurse auf der Stelle. Der Leitindex gab leicht nach, der Index der wichtigsten Unternehmen in Shanghai und Shenzhen stagnierte. Dabei mangelte es nicht an Schlagzeilen. Peking kündigte an, drei staatliche Risikokapitalfonds mit jeweils mehr als 50 Milliarden Yuan aufzulegen. Das Geld soll in sogenannte harte Technologien fließen, darunter Quantentechnologie, integrierte Schaltkreise und andere strategische Schlüsselindustrien.
Auf dem Papier ist das ein klares Bekenntnis zu Innovation und technologischer Unabhängigkeit. An der Börse löste es kaum Reaktionen aus. Investoren zweifeln weniger an der finanziellen Schlagkraft des Staates als an der Effizienz der Mittelverwendung. Staatlich gelenkte Fonds gelten vielen Marktteilnehmern als schwerfällig, politisch motiviert und wenig renditeorientiert.
Zudem bleibt das strukturelle Problem bestehen: schwaches Vertrauen in den privaten Sektor, anhaltender Druck auf Immobilien- und Konsumwerte und die Sorge vor weiteren regulatorischen Eingriffen. Milliardenprogramme allein reichen nicht, um diese Skepsis zu überwinden.
Gold setzt Rekordjagd fort
Während Aktienmärkte regional auseinanderlaufen, bleibt ein Trend global intakt. Gold setzte seine Rekordjagd fort und stieg auf über 4.500 Dollar je Feinunze. Der Anstieg spiegelt mehr als nur Inflationssorgen wider. Anleger suchen Absicherung gegen geopolitische Spannungen, hohe Staatsverschuldung und geldpolitische Unsicherheiten.
Soojin Kim, Rohstoffanalystin bei MUFG, sieht darin keinen kurzfristigen Ausreißer. Die Kombination aus starker physischer Nachfrage, Käufen von Zentralbanken und langfristig lockerer Geldpolitik spreche für anhaltende Unterstützung. Prognosen großer Banken, die bis 2026 weitere Zuwächse erwarten, verstärken diesen Effekt.
Asien zeigt zwei Gesichter
Zum Jahresende sendet Asien damit ein klares, aber widersprüchliches Signal. Japan profitiert von Glaubwürdigkeit, klarer Kommunikation und dem Gefühl, dass ein geldpolitischer Neuanfang bevorsteht. China hingegen kämpft mit einem Vertrauensdefizit, das selbst milliardenschwere Programme nicht kurzfristig beheben.
Für Anleger ist das ein Hinweis darauf, dass regionale Differenzierung 2026 wichtiger bleibt als pauschale Asien-Strategien. Märkte reagieren nicht mehr auf Ankündigungen, sondern auf die Erwartung, dass Politik und Geldpolitik auch tatsächlich liefern. In Tokio glauben Investoren genau das. In Shanghai offenbar noch nicht.


