Tesla rückt seinem Robotaxi-Versprechen einen Schritt näher. Der Elektroautobauer hat in Arizona die Lizenz einer „Transportation Network Company“ erhalten – ein regulatorischer Türöffner, der Tesla grundsätzlich erlaubt, einen kommerziellen Ride-Hailing-Dienst zu betreiben. Der Antrag ging Mitte November ein, vier Tage später war er bereits bewilligt. Für ein Unternehmen, das seit Jahren verspricht, autonomes Fahren in den Massenmarkt zu bringen, ist das ein wichtiges Signal. Doch es ist nur der erste von vielen nötigen Schritten.

Die Lizenz öffnet den Markt, ersetzt aber keine Genehmigung zum autonomen Fahren
Die TNC-Erlaubnis bedeutet: Tesla darf wie Uber oder Lyft operieren, Menschen befördern und dafür Geld verlangen. Was sie nicht bedeutet: dass die Fahrzeuge ohne Fahrer unterwegs sein dürfen. Für vollautonome Fahrten braucht Tesla zusätzliche Genehmigungen, die deutlich schwieriger zu bekommen sind. In Phoenix laufen laut CNBC bereits Anträge für Tests mit und ohne Sicherheitsfahrer – die eigentliche Hürde, bevor ein echtes Robotaxi starten kann.
Auch in Texas arbeitet Tesla an der nächsten Stufe. In Austin testet das Unternehmen seit Juni einen Robotaxi-Betrieb mit Sicherheitsfahrern und Remote-Operatoren. Ende 2025 sollen die Fahrer komplett verschwinden. Dieses Ziel wäre für Tesla ein Meilenstein – aber es hängt an Technik, Regulierung und Sicherheitsnachweisen.
Der Weg zum fahrerlosen Betrieb bleibt steinig
Dass die Technologie noch nicht reibungslos funktioniert, zeigen Daten der US-Verkehrsbehörde NHTSA. Im texanischen Pilotprogramm gab es bereits mindestens sieben gemeldete Unfälle. Elon Musk spricht dennoch von einem Unternehmen „an der Schwelle“ zur autonomen Sicherheit, relativiert aber frühere vollmundige Zeitpläne.
Das Muster ist bekannt: Tesla setzt aggressive Deadlines, die Regulierung aber verlangt konkrete Nachweise. Auf dem Papier plant das Unternehmen bis Ende 2026 einen kommerziellen Robotaxi-Dienst in Phoenix und weiteren Großstädten. Entscheidend wird sein, ob Tesla die operative Zuverlässigkeit erreicht, die für den fahrerlosen Betrieb zwingend nötig ist.
Waymo und Baidu liegen trotz Teslas Fortschritten weit voraus
Während Tesla mit Lizenzanträgen und Pilotprogrammen arbeitet, betreiben andere längst Robotaxi-Dienste im Alltag. Waymo ist derzeit der Maßstab in den USA. In Phoenix fährt der Dienst vollständig autonom, die Flotte umfasst mindestens 400 Fahrzeuge. Laut Unternehmensangaben wurden bereits mehr als zehn Millionen fahrerlose Fahrten absolviert – Erfahrungswerte, die Tesla derzeit schlicht fehlen.
In China wächst Baidus Apollo Go noch schneller. 3,1 Millionen vollständig autonome Fahrten allein im dritten Quartal 2025, ein Plus von 212 Prozent gegenüber Vorjahr. Der chinesische Markt erlaubt groß angelegte Tests, die Baidu einen Vorsprung verschaffen, den westliche Wettbewerber kaum kurzfristig einholen können.

Das Marktbild ist klar: Waymo und Baidu haben geprüfte Systeme, gewachsene Flotten und regulatorische Routine. Teslas Vorteil liegt vor allem in seiner riesigen Datenbasis aus Millionen Kundenfahrzeugen – doch der Transfer von Assistenzsystemen zu echter Autonomie bleibt anspruchsvoll.
Die Branche steht vor einem Comeback – Tesla will dazugehören
Trotz jahrelanger Rückschläge erlebt der Robotaxi-Markt wieder Auftrieb. Kosten sinken, Regulierer passen Prozesse an, Anbieter erweitern ihre Testgebiete. Reuters spricht von einer Phase, in der erstmals seit Jahren wieder Skalierung möglich wird. Tesla versucht, diese Chance zu nutzen, auch wenn die Konkurrenz weiter ist.
Das Unternehmen baut Teststandorte aus, kombiniert klassische Ride-Hailing-Angebote mit autonomen Piloten und verknüpft seine Technikstrategie eng mit dem Geschäftsausbau. Die Lizenz in Arizona liefert die rechtliche Grundlage, daraus ein reales Geschäftsmodell zu entwickeln. Aber ein Robotaxi-Dienst, der ohne Sicherheitsfahrer operiert, bleibt eine Aufgabe, für die Tesla Zeit, Geduld und regulatorische Überzeugungskraft braucht.
Die große Ironie: Teslas Robotaxi-Vision war einst der Auslöser für die Euphorie der Branche. Heute muss der Konzern beweisen, dass er selbst zu den Anbietern gehören kann, die den Übergang zur echten Autonomie tatsächlich schaffen.

