Gold als geopolitisches Werkzeug
Die Diskussion ist nicht länger theoretisch. Im Umfeld der neuen US-Regierung taucht eine Idee auf, die in Washington lange tabu war: Die Vereinigten Staaten könnten ihren immensen Goldbestand neu bewerten – und damit buchhalterisch hunderte Milliarden Dollar heben.
Im Tresor der USA lagern über 8.100 Tonnen Gold. Das ist nach wie vor der größte nationale Goldschatz der Welt. In den Büchern der Federal Reserve steht dieser Bestand jedoch mit einem Wert, der aus der Zeit des Faxgeräts stammt: 42,22 Dollar je Feinunze. Dieser Preis stammt aus dem Jahr 1973 – also aus der Zeit unmittelbar nach dem Ende des Goldstandards.
Heute kostet eine Unze Gold rund 3.300 Dollar.
Würde die Regierung den Buchwert an den Marktpreis anpassen, entstünde ein bilanzieller Effekt von rund 900 Milliarden Dollar. Ein einmaliger Gewinn. Ohne neues Geld zu drucken. Ohne neue Schulden.

Der „Mar-a-Lago-Akkord“ – Trump sucht die Hebel
Im Weißen Haus kursiert ein Konzept, das Teile der Finanzwelt alarmiert: ein bilateraler Währungs- und Handelsakkord nach Vorbild des Plaza-Abkommens von 1985.
Damals einigten sich westliche Staaten darauf, den Dollar gezielt abzuwerten, um Handelsungleichgewichte abzubauen. Was damals multilateral war, soll heute bilateral geschehen.
Ziel der US-Regierung:
Weniger Handelsdefizite. Weniger Dollarflut ins Ausland. Mehr Kontrolle über Kapitalströme.
Im Zentrum dieser Strategie steht ein Ökonom, der bisher kaum öffentlich wahrgenommen wurde: Stephen Miran. Er berät Trump in Handels- und Währungsfragen und sitzt seit September im Board of Governors der Federal Reserve.
Was Miran und seine Mitstreiter eint, ist ein Gedankengang:
Wenn die USA ihre Rolle im globalen System verteidigen wollen, müssen sie den Dollar neu denken.
Ein Goldschatz als Finanzhebel
Ökonomen erinnern an die Schweiz im Jahr 2000.
Die Schweizerische Nationalbank nahm eine Neubewertung ihrer Goldreserven vor und realisierte damit 28 Milliarden Schweizer Franken – Geld, das später im Staatshaushalt landete.
In den USA ist der Vorschlag politisch brisant. Das Gold gehört nicht der Federal Reserve, sondern dem Finanzministerium. Damit ist der Hebel direkt in der Hand der Regierung.
Finanzminister Scott Bessent dämpft zwar Erwartungen. Er spricht von „keinem unmittelbaren Plan“. Doch allein die Diskussion zeigt: Gold hat eine neue Rolle. Nicht als Symbol – sondern als Option.
Goldgedeckte Staatsanleihen – eine Idee mit Sprengkraft
Die frühere Trump-Beraterin Judy Shelton schlägt seit Jahren ein Produkt vor, das wie aus einem Ökonomie-Lehrbuch des 19. Jahrhunderts klingt:
Staatsanleihen, die in Gold einlösbar sind.
Die Logik:
Wenn Investoren Angst vor Inflation oder Überschuldung haben, bietet Gold Vertrauen. Eine Regierung, die Anleihen in Gold rückzahlbar macht, signalisiert Stabilität.
Sheltons Entwurf sieht vor, dass einzelne Anleihen mit langer Laufzeit – etwa 50 Jahre – eine Umtauschoption in physisches Gold enthalten.
Für Anleger wäre das ein Angebot.
Für Staaten, die um Investoren werben, eine Kampfansage.

Stablecoins: Der Dollar findet ein neues Vehikel
Während Politiker diskutieren, rennt der Markt bereits voraus.
Stablecoins – digitale Dollar-Abbilder – werden im globalen Süden zunehmend genutzt, um Inflation und Kapitalverkehrskontrollen zu umgehen.
230 Milliarden Dollar Marktkapitalisierung.
Über 10 Billionen Dollar Transaktionsvolumen jährlich.
Die größten Emittenten kaufen dafür massenhaft US-Staatsanleihen. Tether war 2024 der siebtgrößte Einzelkäufer amerikanischer Treasuries.
Interessant ist die Zusammensetzung der Reserven:
82 Prozent Geldmarktinstrumente, 3,7 Prozent Edelmetalle, 5,5 Prozent Bitcoin. Und: goldgedeckte Stablecoins sind im Kommen. Tether bietet inzwischen ein Token an, das direkt mit Barren hinterlegt ist.
Trump hat diese Entwicklung öffentlich begrüßt.
Zitat: „Wir werden Stablecoins nutzen, um den Dollar dominant zu halten.“
Was Anleger beachten müssen
Die USA experimentieren mit einer Mischung aus alter Welt (Gold) und neuer Welt (digitale Dollar-Ökosysteme).
Für Märkte ergeben sich drei Risiken – und Chancen:
- Gold wird politisch relevant und könnte stärker steigen als historisch üblich.
- Der US-Anleihemarkt bekommt Konkurrenz, wenn goldgedeckte Bonds Vertrauen abziehen.
- Stablecoins stärken den Dollar dort, wo klassische Banken nicht mehr hinkommen.
Der Dollar bleibt Leitwährung – aber nicht mehr ausschließlich über das Bankensystem, sondern über Tokenisierung.



