08. Juni, 2025

Politik

Merz zieht bei Fox News gegen Merkel vom Leder

Bei seinem ersten Besuch als Kanzler in den USA spricht Friedrich Merz mit Donald Trump – und sendet bei Fox News gleich doppelt Kritik in Richtung Angela Merkel. Migration, Ukraine, AfD: Der CDU-Chef nutzt die Bühne für eine politische Abgrenzung, ohne ihren Namen direkt zu nennen.

Merz zieht bei Fox News gegen Merkel vom Leder
Zwischen Trump und Talkshow – Friedrich Merz während seines ersten USA-Besuchs als Kanzler. Bei Fox News spricht er von „importiertem Antisemitismus“ – ein Framing, das bei Rechtspopulisten gut ankommt, in Deutschland aber stark polarisiert.

Merkel kommt erst später vor – ist aber von Anfang an gemeint

Es dauert nicht lange, bis das alte Thema wieder auf dem Tisch liegt: Migration. Donald Trump spricht über Kriminalität in den USA – und zieht wie so oft den Vergleich zu Deutschland.

Er habe „ihr“ gesagt, dass man nicht so viele Leute ins Land lassen könne, erklärt er. Vier Sätze später fällt der Name: Angela.

Merz, der neben Trump zuvor im Oval Office posierte, sitzt da längst im Fox-News-Studio. Moderatorin Aishah Hasnie fragt ihn wenig später nach dem Antisemitismus in Deutschland. Der Kanzler antwortet kontrolliert – und bringt dann einen Satz, den man so von einem deutschen Regierungschef selten hört:

„Wir haben einen importierten Antisemitismus durch die große Zahl der Migranten, die in den letzten zehn Jahren gekommen sind.“

Die Spitze sitzt – auch ohne direkten Namen

2015 war das Jahr, in dem Angela Merkel die Grenzen offen ließ. Dass Merz das Thema in genau diesem Tonfall aufgreift, ist kein Zufall. Es ist eine bewusste Abgrenzung – und ein Signal.

Nicht an Merkel, sondern an die konservativen Zuschauer bei Fox News. Dort, wo sonst vor allem Biden-Kritik und Flüchtlingsängste dominieren, positioniert sich Merz als jemand, der Migration nicht beschönigt, sondern benennt.

Gerichte, Asylpolitik, Dobrindt – und der stille Schulterschluss mit Trump

Noch ein sensibles Thema: das Verhältnis zur Justiz. Hasnie fragt Merz, ob er Trump einen Rat geben könne – schließlich würden in beiden Ländern Gerichte die Regierungspolitik in der Migrationsfrage ausbremsen.

Hintergrund: Ein deutsches Verwaltungsgericht hat gerade erst die Zurückweisung von drei Somaliern für rechtswidrig erklärt. Innenminister Alexander Dobrindt hält dennoch an der Linie fest. Die Opposition spricht von einem Kurs im Stile Trumps.

Merz geht der Falle aus dem Weg. „Selbst wenn ich einen Rat hätte, würde ich ihn nicht öffentlich sagen.“ Kein klares Ja, kein klares Nein – aber der Kontext ist deutlich: Merz lässt Raum für Interpretation.

Demokratie, AfD und ein Seitenblick auf Washington

Auch die Debatte um die AfD wird angesprochen. Tweets von US-Politikern hatten Deutschland zuletzt scharf kritisiert – von einer „getarnten Tyrannei“ war die Rede.

Merz bleibt kühl: Man brauche keine Demokratielektionen von außen, sagt er. Und fügt hinzu: „Interessanterweise“ sei das Thema bei Trump gar nicht aufgekommen. Klingt nach Erleichterung – oder Kalkül.

Letzter Auftritt, letzter Pfeil – und wieder trifft es Merkel

Am Ende geht es um die Ukraine. Fox News will wissen, ob Merz Trump zustimmt, dass der Krieg unter seiner Präsidentschaft nicht ausgebrochen wäre.

Merz verweigert die Antwort – und dreht den Spieß um: Was wäre gewesen, wenn die Ukraine 2008 in die NATO aufgenommen worden wäre?

Ein kleiner Satz, große Wirkung. Denn 2008 war es vor allem Angela Merkel, die das zusammen mit Frankreich blockierte. Die USA unter George W. Bush waren dafür. Auch das: eine klare Spitze, verkleidet als hypothetische Frage. Aber im Subtext eindeutig.

Ein Kanzler auf Distanz – freundlich, aber bestimmt

Friedrich Merz ist nicht in die USA geflogen, um alte Rechnungen zu begleichen. Aber er nutzt die Gelegenheit, um Linien zu ziehen. Er positioniert sich als international anschlussfähiger Konservativer, der keine Angst vor klarer Sprache hat – und gleichzeitig als jemand, der sich vom Erbe der Ära Merkel lösen will.

Nicht laut. Aber deutlich. Und jeder, der genau hinhört, merkt: Merz spricht nicht nur mit den USA. Sondern auch mit seiner eigenen Partei.

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