30. Juni, 2025

Wirtschaft

Trump 2.0 trifft den grünen Gründergeist

US-Klimatech-Startups ziehen sich zurück – Europa wird zur Rettungsinsel.

Trump 2.0 trifft den grünen Gründergeist
Klimawende abgewürgt: Der Rückzug von US-Startups wie Bedrock Materials zeigt: Trumps Politik lässt Investoren flüchten – neun Millionen Dollar gingen zurück an Geldgeber, bevor überhaupt produziert wurde.

Donald Trumps zweiter Anlauf im Weißen Haus hat begonnen, und mit ihm rollt eine neue Welle wirtschaftspolitischer Umwälzungen durch die USA. Besonders hart trifft es die Klimatechnologiebranche.

Der frühere Hoffnungsträger vieler Gründer wird unter der neuen Regierung zur „ grünen Gefahrenzone“: Investoren zucken zurück, Startups frieren ihre Projekte ein oder geben ganz auf. Die politischen Rahmenbedingungen – einst Rückenwind durch Bidens "Inflation Reduction Act" – haben sich in Gegenwind verwandelt.

Subventionsdämmerung

Der Startschuss für den Exodus: Trumps Gesetzesvorhaben, das milliardenschwere Steuererleichterungen für grüne Technologien streicht, hat das Vertrauen in die politische Planbarkeit der Branche erschüttert. Unternehmen wie das Batterie-Startup Bedrock Materials haben Konsequenzen gezogen – und neun Millionen Dollar zurück an ihre Investoren überwiesen.

Betriebswirtschaftlich wäre ein Weiterbetrieb möglich gewesen. Doch wie Firmengründer Spencer Gore klarstellt, war es eine strategische Entscheidung: Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den USA seien nicht mehr tragbar.

Europas neue Magnetwirkung

Während Washington an der Klimapolitik rüdelt, lockt Europa. Frankreich, Norwegen und das Vereinigte Königreich bauen ihre Förderprogramme für Erneuerbare gezielt aus, die europäischen Investitionsfonds stehen bereit. Für viele US-Startups ein Lichtblick. Der europäische Markt wirkt nicht nur politisch stabiler, sondern auch regulatorisch planbarer.

Sam Kanner, Chef des Floating-Wind-Startups Aikido, plant inzwischen einen vollständigen Umzug nach Europa. Das US-Energieministerium habe seine Förderlinien faktisch stillgelegt, erklärt er.

Kapitalrückgang um 50 %: Laut PitchBook schrumpften die Investitionen in Climate-Tech-Startups im ersten Quartal 2025 auf nur noch 10 Mrd. US-Dollar – halb so viel wie im Vorjahr.

Auch große Projekte wie das des Schweizer Luftabscheide-Pioniers Climeworks geraten ins Straucheln: Über 100 Mitarbeiter mussten im Mai gehen, die Expansion in Louisiana liegt auf Eis.

"Graveyard of companies"

Was jetzt beginnt, ist ein branchenweiter Übungsgang ins Überwintern. Viele Startups drosseln, frieren Projekte ein oder hoffen auf bessere Zeiten. Der Investor Matthew Nordan spricht bereits von einem "Graveyard of companies".

Die Auswirkungen reichen bis in die Grundstruktur des ökologischen Innovationssystems: Projekte der ersten Generation, für die staatliche Anschubfinanzierung unverzichtbar ist, stehen ohne finanzielle Grundierung da.

Kapitalschwund trifft Innovation

Im ersten Quartal 2025 wurden weltweit noch zehn Milliarden US-Dollar in Klimatechnologie investiert – ein Rückgang um die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr. Besonders schwer trifft es junge Unternehmen ohne Marktreife, die auf staatliche Garantien und Förderinstrumente angewiesen sind.

Der massive Personalabbau im Department of Energy verschärft das Problem. Der Rückzug staatlicher Kreditgarantien trifft auch Offshore-Windparks und Solarfarmen.

Fluchtpunkt Globaler Süden?

Doch Europa ist nicht die einzige Hoffnung. Brasilien, Indien und der Nahe Osten rücken ins Blickfeld, nicht zuletzt wegen günstiger Energiepreise und wachsender Infrastrukturprojekte im Bereich Dekarbonisierung.

Die geopolitische Realität fordert neue Allianzen. So könnte der grüne Exodus aus den USA zu einer globalen Neuordnung der Klimainnovationen führen – nur ohne die USA an vorderster Front.

Rebranding aus der Not

Um sich politischen Gegenwinden zu entziehen, rebranden sich manche Startups bereits: Aus Climate-Tech wird "Energy Security" oder "Resilience Tech". Das Narrativ soll anschlussfähig bleiben, auch für konservative Entscheider.

Doch inhaltlich bedeutet es oft eine Entkernung: Innovation wird in Verpackung verpackt. Und das ausgerechnet in einer Zeit, in der die Klimakrise politische Konsequenz erfordert.

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