07. Juli, 2025

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Air France-KLM übernimmt SAS – und greift Lufthansa frontal an

Die französisch-niederländische Airline kauft sich bei SAS zur Mehrheit ein. Hinter dem Schritt steckt mehr als Expansion: Es ist ein Signal an den Wettbewerb, die Politik – und an Europas größte Fluglinie.

Air France-KLM übernimmt SAS – und greift Lufthansa frontal an
Mit der Mehrheitsübernahme von SAS baut Air France-KLM ihre Marktpräsenz im Norden Europas aus – ein direkter strategischer Vorstoß gegen Lufthansa.

In Europas Luftfahrt ist ein neues Machtzentrum im Entstehen. Air France-KLM will künftig 60,5 Prozent der skandinavischen SAS kontrollieren – ein Schritt, der weit über eine einfache Beteiligungsaufstockung hinausgeht.

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Mit dem Zukauf sichert sich der Konzern nicht nur einen nordischen Fußabdruck, sondern setzt auch ein strategisches Zeichen: Der Wettbewerb mit Lufthansa und IAG verschärft sich – auf Routen, Märkten und am Verhandlungstisch.

Von der Krisen-Airline zum Übernahmeziel

Vor zwei Jahren war SAS noch ein Sanierungsfall: insolvenzbedroht, strukturell angeschlagen, abhängig von Staatshilfen. Doch Air France-KLM nutzte die Lage, stieg mit 19,9 Prozent ein – und sicherte sich damals bereits die Option auf eine Mehrheitsbeteiligung.

Diese zieht der Konzern nun – und übernimmt die Anteile von Castlelake und Lind Invest. Der dänische Staat bleibt mit 26,4 Prozent an Bord.

Dass die Mehrheitsübernahme jetzt erfolgt, ist kein Zufall: SAS hat sich operativ stabilisiert. Der angekündigte Kauf von bis zu 55 Embraer-Jets, die größte Flugzeugbestellung der Gesellschaft seit fast 30 Jahren, war das erste sichtbare Signal, dass die Airline zurück ist. Jetzt folgt der Eigentümerwechsel – mit geopolitischem Nebeneffekt.

Nordischer Hebel gegen Lufthansa

Air France-KLM wird durch den Deal nicht nur Anteilseigner – sie wird federführender Partner in einem Markt, der bislang eher Lufthansa-affin war. Besonders für innernordische und transatlantische Strecken bedeutet das: neue Codeshares, gemeinsame Angebote, einheitliche IT – und potenziell weniger Spielraum für die Konkurrenz.

Der Deal ist Teil eines umfassenden Konsolidierungstrends in der europäischen Luftfahrt – begleitet von politischen Interessen.

Für Lufthansa ist das ein Rückschlag. Die Airline hatte sich in den vergangenen Jahren Anteile an ITA Airways und Air Baltic gesichert – doch SAS galt als eines der letzten großen Filetstücke im europäischen Markt.

Mit dem Einstieg von Air France-KLM ist klar: Die Konsolidierung geht weiter – und Lufthansa steht nicht mehr alleine auf der Jagd.

Der stille Staat – Dänemarks neuer Balanceakt

Interessant ist auch die Rolle des dänischen Staats. Zwar gibt er die Mehrheit ab, bleibt aber mit über einem Viertel der Anteile im Spiel – und behält Sitze im Verwaltungsrat.

Für Dänemark bedeutet das Einfluss ohne Führungsverantwortung. Doch auch ein diplomatischer Spagat: Das eigene Staatsunternehmen ist künftig Teil eines französisch-niederländischen Airlineverbunds – mitsamt dessen geopolitischer und marktwirtschaftlicher Interessen.

Die Europäische Bühne – und ihre Spielregeln

Die Übernahme ist mehr als ein Einzelfall. Sie passt in ein größeres Muster: Europas Fluglinien suchen nach Größe, Skaleneffekten und Marktzugang. Die Fragmentierung der 2000er-Jahre wird zunehmend rückabgewickelt – zugunsten großer Airline-Gruppen mit grenzüberschreitendem Portfolio.

In Brüssel wird das aufmerksam beobachtet. Die Konsolidierung bringt Effizienz – aber auch Marktmacht. Mit Lufthansa, Air France-KLM und der British-Airways-Mutter IAG gibt es drei dominierende Gruppen. Wettbewerbshüter dürften die neue Konstellation bei SAS genau prüfen – nicht zuletzt, weil die europäische Luftfahrtpolitik zuletzt auch industriepolitischer geworden ist.

Ein Schritt mit System – und Signalwirkung

Dass Air France-KLM nicht nur beteiligt bleibt, sondern durchgreift, ist auch innenpolitisch bemerkenswert. In Frankreich gilt der Konzern als nationales Aushängeschild – seine Expansionspolitik ist eng mit dem Elysée abgestimmt.

Dass nun skandinavische Interessen unter diese strategische Dachmarke fallen, ist Teil eines Plans: Europa soll auf eigenen Flügeln fliegen – mit französischer Handschrift.

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