Die Parkinson-Krankheit gilt als eine der letzten großen Bastionen neurodegenerativer Leiden, die die Medizin bislang nicht knacken konnte. Millionen Patienten warten seit Jahrzehnten auf Therapien, die mehr bieten als bloße Symptombehandlung.
Nun wagt Roche, der Pharma-Gigant aus Basel, einen neuen Anlauf – und startet mit dem Wirkstoff Prasinezumab in die entscheidende klinische Phase. Doch während in den Labors die Hoffnung wächst, drücken an der Börse andere Sorgen auf den Kurs.
Vom Rückschlag zur Hoffnung
Prasinezumab war bereits mehrfach in den Schlagzeilen – und nicht immer aus guten Gründen. Noch im Dezember vergangenen Jahres musste Roche bei der Phase-2b-Studie „Padova“ einräumen, dass der primäre Endpunkt verfehlt wurde.
Statt des erhofften eindeutigen Beweises für einen Krankheitsmodifizierenden Effekt blieb lediglich ein vorsichtiger Hoffnungsschimmer.
Doch die Basler gaben nicht auf: Weitere Auswertungen und Daten aus offenen Verlängerungsstudien deuten nun auf einen möglichen klinischen Nutzen hin – insbesondere bei Patienten im Frühstadium der Erkrankung.
Die Konsequenz: Prasinezumab wird jetzt in einer zulassungsrelevanten Phase-3-Studie geprüft. Für Patienten mit frischem Parkinson-Diagnosezeitpunkt könnte das Mittel eine neue Behandlungsoption eröffnen, sofern die finale Studie den erhofften Nutzen tatsächlich bestätigt.
Partner bei der Entwicklung ist das US-Biotech-Unternehmen Prothena, dessen Aktie prompt um rund acht Prozent zulegte.
Börse reagiert frostig
Ganz anders die Reaktion am Hauptsitz in Basel: Die Roche-Aktie verlor am Montag knapp zwei Prozent. Dabei spiegelt der Kursrückgang weniger die Parkinson-Entwicklung selbst als vielmehr parallele Probleme wider.
Hintergrund sind Berichte über den zweiten Todesfall im Zusammenhang mit der Gentherapie Elevidys, die Roche sich 2019 über eine Beteiligung an Sarepta Therapeutics gesichert hatte.
Elevidys war als Hoffnungsträger gegen die Erbkrankheit Duchenne-Muskeldystrophie gestartet, steht nun aber unter verstärkter regulatorischer Beobachtung.

Die kritische Reaktion der Börse ist typisch für die Branche: Pharma-Investoren bewerten weniger die wissenschaftliche Hoffnung als vielmehr das aggregierte Risiko eines breiten Portfolios. Fortschritte in einem Bereich können durch Rückschläge anderswo rasch in den Schatten gestellt werden.
Der lange Atem der Forschung
Die Entscheidung für die Fortsetzung des Prasinezumab-Programms ist mutig – aber riskant. Parkinson ist ein schwer zu fassendes Ziel für jede Medikation. Viele Kandidaten sind in den vergangenen Jahrzehnten in der entscheidenden Phase gescheitert. Doch der medizinische Bedarf bleibt enorm, und ein Durchbruch hätte weitreichende kommerzielle Bedeutung.
Allein in den USA sind laut Parkinson’s Foundation über eine Million Menschen betroffen, weltweit geht man von mehr als zehn Millionen Patienten aus. Ein erfolgreicher Wirkstoff könnte für Roche Umsätze in Milliardenhöhe erschließen – und das Unternehmen langfristig zu einem zentralen Akteur im Bereich neurodegenerativer Erkrankungen machen.
Ein riskantes Rennen mit hoher Belohnung
Die nächsten zwei bis drei Jahre dürften entscheidend werden: Schafft Prasinezumab den Nachweis seiner Wirksamkeit, könnte Roche eine Vorreiterrolle in einem der herausforderndsten Therapiegebiete übernehmen. Scheitert die Studie, wäre ein weiterer Hoffnungsträger in der Neuroforschung gefallen.
Für Anleger bleibt der Spagat zwischen Hoffnung und Vorsicht bestehen. „Solche Projekte sind hochinteressant, aber immer auch binäre Wetten“, kommentiert ein Branchenanalyst nüchtern. „Roche tut, was es muss – aber es bleibt ein steiniger Weg.“
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