Die Weltwirtschaft verabschiedet sich aus dem Jahr 2025 in erstaunlich guter Verfassung. Wachstum, Beschäftigung und Unternehmensgewinne liefern den Kapitalmärkten ein solides Fundament. Doch genau diese Stabilität erhöht die Fallhöhe. Denn unter der Oberfläche haben sich Risiken aufgebaut, die 2026 deutlich relevanter werden könnten. Nicht als zwangsläufige Krisen, sondern als potenzielle Bruchstellen eines bislang robusten Umfelds.
Der Technologiesektor trägt hohe Erwartungen
Ganz oben auf der Risikoliste steht der Technologiesektor. Die aktuelle Investitionswelle rund um künstliche Intelligenz unterscheidet sich zwar deutlich vom Internetboom der frühen 2000er-Jahre. Die Unternehmen erzielen reale Umsätze, finanzieren Investitionen zu großen Teilen aus eigener Kraft und sind insgesamt moderater bewertet als die Tech-Firmen zur Jahrtausendwende.
Doch genau darin liegt die neue Gefahr. Die hohen Erwartungen ruhen nicht auf Fantasie, sondern auf realen Erträgen. Sollte sich zeigen, dass Teile dieser Geschäftsmodelle weniger skalierbar oder profitabel sind als angenommen, würde das Vertrauen schneller kippen als in einem klassischen Hype. Auffällig ist zudem, dass die Kursgewinne bislang von wenig Euphorie begleitet werden. Das schützt vor Panik, aber nicht vor Enttäuschungen, falls Gewinne und Margen hinter den Erwartungen zurückbleiben.

Politische Eingriffe fragmentieren die Weltwirtschaft
Ein zweites Risiko entsteht weniger aus Märkten als aus Politik. 2025 haben die Vereinigten Staaten ihre wirtschaftliche Macht offensiver eingesetzt und den internationalen Handel stärker zu ihren Gunsten beeinflusst. Zölle, Handelsauflagen und industriepolitische Maßnahmen haben den globalen Austausch nicht zum Erliegen gebracht, aber sie verändern ihn nachhaltig.
Bislang haben viele Handelspartner auf Gegenmaßnahmen verzichtet, weil der Zugang zum US-Markt wichtiger ist als die Kosten politischer Reibung. Doch diese Strategie hat Grenzen. Die fortschreitende Fragmentierung der Weltwirtschaft erhöht langfristig die Kosten, verlangsamt Investitionen und schwächt das Wachstumspotenzial. Hinzu kommen geopolitische Risiken, die sich nicht planen lassen, aber jederzeit eskalieren können. Die Widerstandsfähigkeit von Welthandel und Kapitalverkehr wird damit zunehmend auf die Probe gestellt.
Neue Finanzierungsstrukturen entziehen sich der Transparenz
Das dritte Risiko liegt im Finanzsystem selbst. In den vergangenen Jahren haben sich Kreditmärkte deutlich verändert. Vor allem in den USA übernehmen Nichtbanken immer größere Teile der Kreditvergabe. Diese sogenannten Private-Credit-Strukturen füllen Lücken, die Banken aus regulatorischen Gründen nicht mehr bedienen können.
Das Problem ist weniger die Existenz dieser Finanzierungsformen als ihre Dynamik. Neue Märkte sind oft intransparent, schlecht vergleichbar und regulatorisch nur unvollständig erfasst. Banken sind häufig indirekt beteiligt, etwa über Überbrückungsfinanzierungen oder strukturierte Produkte. Ähnliche Muster zeigen sich auch im Kryptosektor. Eine schnelle Ausbreitung oder Fehlbewertungen könnten Stress erzeugen, der letztlich doch wieder auf den klassischen Bankensektor zurückschlägt.
Warum bekannte Risiken oft nicht die gefährlichsten sind
All diese Risiken sind sichtbar, analysiert und breit diskutiert. Das macht sie beherrschbarer. Finanzmärkte haben Erfahrung im Umgang mit bekannten Gefahren. Gefährlicher sind meist jene Entwicklungen, die positiv überraschen und dadurch neue Ungleichgewichte erzeugen.
Ein solcher Kandidat könnte ausgerechnet die US-Wirtschaft sein. Sollte sie stärker wachsen als erwartet, wären steigende Zinsen eine logische Folge. Höhere Finanzierungskosten würden dann genau jene Bereiche treffen, die aktuell auf günstige Liquidität angewiesen sind. In einem Umfeld hoher Verschuldung kann das schnell neue Spannungen erzeugen.
2026 beginnt mit Optimismus, aber ohne Sicherheitsnetz. Die Märkte wirken stabil, doch ihre Stabilität hängt zunehmend an Faktoren, die sich nur begrenzt steuern lassen. Genau darin liegt das Risiko.


