Kein Analyst mag sie, jeder braucht sie: endlose Excel-Tabellen. Nun will ausgerechnet ein Start-up aus San Francisco mit einer simplen Idee für Furore sorgen: Ein intelligenter KI-Agent, direkt in Microsoft Excel integriert, soll Finanzprofis das Leben erleichtern.
Die Idee klingt banal, hat es aber in sich. Denn hinter dem Projekt steht kein Geringerer als OpenAI, die Firma hinter ChatGPT. Und sie bringt gleich 14 Millionen US-Dollar Wagniskapital mit.
Das von OpenAI geführte Investment fließt in das Start-up Endex. Es ist die erste Anwendung dieser Art: Eine spezialisierte KI, die direkt in Excel eingebettet ist und dort Aufgaben übernimmt, die bislang stundenlange Handarbeit erforderten – Datenanalyse, Berichte schreiben, Formeln erstellen, Trends erkennen.
Arbeiten wie ein Mensch – aber schneller
Der Anspruch des Unternehmens ist ambitioniert: Die KI soll nicht bloß automatisieren, sondern strukturiert denken, Probleme lösen, Zusammenhänge erkennen.
Laut Amasa, der einst ein Thiel-Stipendium erhielt, könne der Agent Aufgaben von bis zu einer Stunde übernehmen – vollständig selbständig. Gesteuert wird die Anwendung von OpenAIs Reasoning-Modelle, also jenen Systemen, die logisches Denken simulieren sollen.
Eine Tech-Demo auf X (ehemals Twitter) zeigte, wie der Bildschirm "Microsoft Excel" kurz flackert – und dann von "Endex" ersetzt wird. Anschließend lässt Amasa den KI-Agenten eigenständig eine Analyse ausführen.
Das Video verbreitete sich rasant, auch weil Endex exklusive Testzugänge für die ersten Kommentatoren versprach.

Partner und Rivale: Microsoft
Der Deal birgt politische Sprengkraft. Denn Microsoft ist nicht nur der wichtigste Investor von OpenAI, sondern zugleich Entwickler von Excel – dem Produkt, das Endex nun tiefgreifend verändern will.
Wie Microsoft zur Investition steht, ist bislang unklar. Auf Nachfragen von US-Medien reagierten weder Microsoft noch OpenAI. Klar ist nur: Die Beziehung zwischen beiden Unternehmen ist zunehmend angespannt. Längst konkurrieren beide auch um dieselben Kunden, etwa mit den Produkten "ChatGPT Enterprise" auf OpenAI-Seite und "Copilot" auf Microsoft-Seite. Bereits 2024 führte Microsoft OpenAI erstmals offiziell als Wettbewerber im eigenen Geschäftsbericht.
Kollaboration oder Konfrontation?
Endex-Chef Amasa beschwichtigt. „Wir teilen mit OpenAI die Vision von branchenspezifischer KI“, sagte er. Tatsächlich geht Endex weiter als viele bisherige Anwendungen: Es liefert keine generischen APIs, sondern spezialisierte Arbeitsumgebungen, die Finanzexperten direkt im gewohnten Tool unterstützen sollen. Ein KI-Overlay, das sich wie ein Kollege verhält.
Doch der Weg dorthin ist nicht ohne Risiko. Datenschützer dürften sich fragen, welche sensiblen Finanzdaten die neue Anwendung verarbeitet. Und Microsoft selbst könnte sich durch die Partnerschaft brüskieren lassen. Denn was passiert, wenn Endex erfolgreicher wird als Microsofts eigener Copilot?
Eine neue Front im KI-Wettlauf
Das Investment zeigt exemplarisch, wie komplex und undurchsichtig die KI-Industrie inzwischen geworden ist. Allianzen wechseln, Partner werden zu Rivalen, Entwickler zu Plattformen. Wer heute investiert, könnte morgen Konkurrent sein. Für OpenAI ist das Investment in Endex ein strategischer Zug: Wer die Tools kontrolliert, kontrolliert auch die Nutzerbindung.
Die nächste Front im KI-Wettlauf verläuft also nicht durch Forschungslabore, sondern durch Bürosoftware. Und der scheinbar banale Ort dafür: ein Excelsheet. Was dort in den nächsten Monaten passiert, könnte darüber entscheiden, wer im Milliardenmarkt der KI-Anwendungen das Rennen macht.
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