Ein unerwarteter Vorstoß
Bislang hielt sich Nvidia im Quantencomputing eher bedeckt. Während Konkurrenten wie IBM und Google ihre Quantenambitionen seit Jahren offensiv kommunizieren, setzte Nvidia primär auf KI und Simulation. Doch das scheint sich gerade zu ändern.
Wie "The Information" berichtet, führt Nvidia Gespräche über ein Investment in das kalifornische Start-up PsiQuantum. Das Unternehmen entwickelt photonische Quantencomputer und wird in der Branche als einer der vielversprechendsten, wenngleich auch am schwersten greifbaren Player gehandelt.
Ein Milliardenpoker ohne greifbare Produkte
PsiQuantum ist noch nicht börsennotiert, wird aber bereits mit rund sechs Milliarden Dollar bewertet. Das wirkt ambitioniert, denn bislang gibt es keine fertigen Maschinen, keine Umsätze, keine validierten Benchmarks.
Doch was das Unternehmen auszeichnet, ist seine Methode: Statt mit supraleitenden Qubits arbeitet PsiQuantum mit Lichtteilchen. Diese könnten, so die Hoffnung, skalierbarer und robuster sein als andere Ansätze.

IonQ und D-Wave: Im Windschatten des Hypes
An der Börse sorgt Nvidias Interesse für Furore. D-Wave und IonQ, zwei Quantenunternehmen mit Notierung an US-Börsen, legten teils dreistellig zu. Seit Anfang 2024 hat sich der Kurs von D-Wave mehr als verdoppelt, IonQ stieg zwischenzeitlich um 300 Prozent.
Dabei sind auch diese Firmen weit von Profitabilität entfernt. Allein IonQ verbuchte zuletzt einen Quartalsverlust von rund 32 Millionen Dollar bei Umsätzen im einstelligen Millionenbereich.
Wissenschaftlich faszinierend, wirtschaftlich fragil
Quantenphysiker wie Prof. Guido Burkard von der Universität Konstanz sehen den aktuellen Boom kritisch. Zwar sei das technische Interesse verständlich, doch konkrete Anwendungserfolge seien rar. Besonders bei D-Wave gebe es Zweifel: Die Firma liefert eigene Benchmarks, die kaum unabhängig überprüft wurden.
IonQ dagegen verfolgt einen anderen Ansatz: Mit Ionenfallen sollen Berechnungen bei Raumtemperatur möglich werden. Airbus und Hyundai setzen bereits auf diese Technologie.
Nvidia spielt auf Zeit
Nvidia-CEO Jensen Huang bezeichnete Quantencomputer noch vor einem Jahr als Technologie, die "in 15 bis 30 Jahren" relevant werde. Nun scheint der Kurswechsel eingeleitet.
Statt Quanten als Ersatz für klassische Systeme zu verkaufen, spricht Huang von "komplementärer Technologie". Intern wird offenbar daran gearbeitet, wie sich Quantenprozessoren mit Nvidia-Chips kombinieren lassen.
Viel Potenzial, wenig Kontrolle
Der Trend ist eindeutig: Big Tech will Quantum. Doch was heute wie eine sichere Wette aussieht, kann morgen schon wieder entzaubert sein. Die Bewertungen basieren auf Erwartungen, nicht auf Fakten.
Anleger sollten den Unterschied kennen. Wer heute in IonQ oder D-Wave investiert, wettet auf das Morgen. Nvidia dagegen hat die Mittel, Fehler zu machen und trotzdem zu gewinnen.
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