Vertragsänderung mit einem Klick – Risiko inklusive
Ein „Klingt gut“ per WhatsApp kann bald rechtlich bindend sein – auch bei Millionenverträgen. Ab dem 1. Januar 2026 dürfen Vermieter und Mieter von Gewerbeimmobilien Vertragsänderungen in sogenannter Textform vereinbaren: Das heißt, eine Nachricht reicht aus – ob per E-Mail, SMS oder Messenger.
Die gesetzliche Erlaubnis zur digitalen Vereinfachung bringt jedoch erhebliche juristische Unsicherheiten mit sich. Wer jetzt nicht aktiv wird, riskiert Wertverluste, Streit und – im schlimmsten Fall – die Kündbarkeit scheinbar sicherer Mietverträge.
Keine Unterschrift, keine Sicherheit
Was bislang nur in Schriftform möglich war – mit beidseitiger Unterschrift –, darf künftig formloser geregelt werden. Schon eine einfache Nachricht auf einem „dauerhaften Datenträger“, etwa eine gespeicherte E-Mail oder ein Screenshot einer WhatsApp-Nachricht, erfüllt dann die gesetzlichen Anforderungen.
Solange erkennbar ist, von wem die Nachricht stammt, ist sie juristisch potenziell bindend. Doch genau diese scheinbare Vereinfachung öffnet Tür und Tor für Missverständnisse, Streit und Rechtsstreitigkeiten.
Ein kleiner Klick mit großer Wirkung
Die neue Regelung zur Textform wirkt auf den ersten Blick wie ein Fortschritt. In der Praxis aber kann sie schwerwiegende Folgen haben.
„Wenn ein Mieter eine Mieterhöhung hinauszögern will und der Vermieter im hektischen Tagesgeschäft mit ‚Einverstanden‘ antwortet, kann das schon als rechtsverbindliche Vertragsänderung gelten“, warnt Cornelia Thaler, Immobilienrechtsexpertin der Kanzlei Willkie Farr & Gallagher.
Ohne dass eine bewusste Entscheidung getroffen wurde, kann eine flüchtige Nachricht neue Konditionen zementieren – oder bestehende aufweichen.

Risiko für Wert und Finanzierung
Juristisch noch brisanter wird es, wenn Vermieter künftig nicht mehr lückenlos belegen können, welche Vereinbarungen mit einem Mieter getroffen wurden. „Viele Verträge entstehen künftig per E-Mail – oft ohne vollständige Dokumentation. Das erschwert später den Nachweis“, sagt Christian Ertel von der Kanzlei Graf von Westphalen.
Besonders bei Verkäufen oder Bankgesprächen zur Finanzierung von Gewerbeimmobilien kann diese Intransparenz zum Problem werden. Denn der Wert einer Immobilie hängt maßgeblich an der rechtlichen Qualität und Laufzeit der Mietverträge.
Schriftform bleibt Goldstandard – wer sie nicht sichert, verliert
Zwar ersetzt die neue Textform die Schriftform formal ab 2026 – doch Paragraf 550 BGB bleibt bestehen. Das bedeutet: Nur wenn sämtliche wesentlichen Vertragsbestandteile und Nachträge „in einer Urkunde“ zusammengefasst sind, gilt ein Vertrag als rechtlich belastbar.
Ist das nicht der Fall, kann ein Vertrag trotz eigentlich langer Laufzeit plötzlich kurzfristig kündbar sein – mit allen Konsequenzen für Vermieter und Investoren. „Deshalb sollte in jedem neuen Vertrag auch künftig ausdrücklich auf die Schriftform bestanden werden“, rät Juristin Thaler.
Die Gesetzesänderung mag aus Sicht des Gesetzgebers ein Schritt in Richtung digitale Vereinfachung sein. Für Vermieter bedeutet sie jedoch vor allem eins: mehr Verantwortung, mehr Dokumentationspflicht und mehr rechtliche Fallstricke.
Wer sich nicht vorbereitet, riskiert ungewollte Vertragsänderungen und im schlimmsten Fall massive Vermögensschäden. Das Einzige, was jetzt noch hilft: eine umfassende Vertragsinventur, digitale Sorgfalt – und eine ausdrückliche Rückbesinnung auf die Schriftform, solange das noch möglich ist.
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