Ein Hotel, das aus dem Elend Profit schlägt
Die Zahlen wirken wie aus einem Start-up-Pitch – wären sie nicht aus dem Berliner Sozialetat finanziert. Das sogenannte BB-Hotel in Berlin-Schöneberg dient seit Jahren als kommunal angemietete Notunterkunft. Zunächst für Geflüchtete, später für Obdachlose. Der Bezirk zahlt. Monat für Monat, Jahr für Jahr.
Was als Notlösung begann, entwickelte sich zu einem ausgesprochen lukrativen Geschäftsmodell.
Ein Blick in das Unternehmensregister zeigt:
2013 schrieb die Betreibergesellschaft rote Zahlen.
Nur zwei Jahre später – mit den ersten Unterbringungen durch den Bezirk – explodiert der Gewinn auf rund 800.000 Euro.
Heute liegt der Unternehmenswert bei über 3,2 Millionen Euro.
Allein in der Bilanz 2023 tauchen 1,3 Millionen Euro offene Forderungen auf – mutmaßlich aus staatlichen Zahlungen.
Das Haus ist dauerhaft „ausgebucht“. Nicht wegen Touristen. Sondern wegen Steuergeld.
Während Millionen fließen, werden Menschen befreit
Parallel zu den Gewinnen läuft eine völlig andere Realität.
Die Polizei durchsuchte das Gebäude und eine weitere Unterkunft. Sie befreite sieben Frauen, die mutmaßlich zur Prostitution gezwungen wurden. Gegen zwei Beschuldigte wird wegen Menschenhandels ermittelt. Behörden prüfen zusätzlich Sozialbetrug. Beschwerden über Ungeziefer, Gewalt und Überbelegung häufen sich seit Jahren.
Der Bezirk will räumen. Doch der Verwaltungsprozess stockt.
Der Zahlungsfluss hingegen nicht.

„Kriminelle nutzen die Lücken unseres Sozialstaats“
Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei, bringt es auf den Punkt:
„Hier sieht man, wie Kriminelle die Lücken unseres Sozialstaates ausnutzen.“
Es sei kein Einzelfall, so Jendro. In mehreren Städten entstehen ähnliche Modelle: Billige Unterkünfte, hohe Tagessätze, fehlende Kontrolle. Wer Räume anbieten kann, diktiert den Preis. Und der Staat zahlt – aus Mangel an Alternativen.
Warum niemand stoppt, was jeder sieht
Das BB-Hotel zeigt ein strukturelles Problem in Deutschlands Sozialverwaltung:
- Bezirk zahlt für Unterbringung
- Polizei ermittelt wegen Menschenhandel
- Sozialbehörden prüfen Subventionsbetrug
- Betreiber kassieren weiter
Zuständigkeiten verteilen sich auf viele Behörden. Verantwortung übernimmt niemand. In diesem Graubereich entsteht ein Markt, dessen Geschäftsmodell auf Dauerkrise basiert: Je größer die Not, desto verlässlicher das Geld.
Die eigentliche Frage: Wer kontrolliert den Staat?
Das BB-Hotel ist weniger ein Skandalhotel – es ist ein Spiegel.
Ein hochprofitables Sozialbusiness, ermöglicht durch fehlende Kontrolle.
Ein Staat, der Unterbringung finanziert und gleichzeitig die Ermittlungen gegen diese Unterbringung.
Die Betreiber verdienen.
Die Steuerzahler zahlen.
Die Bewohner bleiben gefangen – zwischen Behördenchaos und Geschäftsinteressen.


