Die Deutsche Bahn setzt bei der größten Busbeschaffung ihrer Geschichte auf einen klaren Favoriten. MAN liefert den überwiegenden Teil von mehr als 3.300 neuen Fahrzeugen, BYD kommt nur in begrenztem Umfang zum Zug. Für den Münchner Hersteller ist es ein Prestigeerfolg, für die Politik ein erneuter Streitfall – und für Anleger ein Signal mit unterschiedlicher Wirkung.
MAN wird strategischer Kernlieferant der Bahn
Der Rahmenvertrag mit der Deutschen Bahn hat ein Volumen von mehr als einer Milliarde Euro und läuft über sechs Jahre. Die Auslieferung der Busse ist für den Zeitraum von 2027 bis 2032 vorgesehen. Für MAN, Teil der VW-Nutzfahrzeugholding TRATON, ist es der größte Einzelauftrag in der Unternehmensgeschichte.
MAN-Chef Alexander Vlaskamp spricht von einem „historischen Beschaffungsauftrag“. Ein erheblicher Teil der Fahrzeuge wird vollelektrisch sein, ergänzt um Hybrid- und Verbrennermodelle. Für die Bahn ist genau diese technologische Bandbreite entscheidend. Sie will flexibel bleiben – regional, betrieblich und regulatorisch.
Auch DB Regio, mit rund 561 Millionen Fahrgästen pro Jahr der größte Busanbieter Deutschlands, setzt auf Kontinuität. MAN hat der Bahn bereits in den vergangenen 15 Jahren rund 5.000 Busse geliefert. Der neue Vertrag vertieft diese Partnerschaft deutlich.
BYD bleibt dabei – aber nur am Rand
Ganz außen vor bleibt der chinesische Hersteller BYD nicht. Rund 200 elektrische Überlandbusse sollen aus BYDs europäischer Produktion in Ungarn geliefert werden. Gemessen am Gesamtvolumen ist das ein kleiner Anteil – politisch jedoch ein sensibler.

In den Tagen vor der offiziellen Bekanntgabe hatten Berichte über deutlich größere BYD-Lieferungen für Unruhe gesorgt. Die Bahn dementierte diese Spekulationen ausdrücklich. Der Auftrag an BYD bleibt begrenzt und klar abgegrenzt.
Sicherheitspolitik mischt sich in die Beschaffung ein
Die Teilvergabe an BYD löst erneut Kritik aus. Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz warnte vor möglichen Sicherheitsrisiken. Bei kritischer Verkehrsinfrastruktur müsse ausgeschlossen sein, dass Fahrzeuge aus der Ferne manipuliert oder stillgelegt werden könnten.
Diese Debatte ist nicht neu, gewinnt aber an Schärfe. Je digitaler und vernetzter Fahrzeuge werden, desto stärker rückt die Herkunft von Hard- und Software in den Fokus. Dass BYD seine Busse in Ungarn fertigt, entschärft den Konflikt nur teilweise.
Komfort, Elektrifizierung und Standardisierung
Technisch setzt die Bahn auf einen einheitlichen Mindeststandard. Alle Busse erhalten USB-Anschlüsse, klimatisierte Innenräume, moderne Assistenzsysteme und Sicherheitsfeatures wie Abbiegeassistenten und Rückfahrkameras. Die Elektrobusse kommen ohne fossile Zusatzheizungen aus und nutzen klimaneutrale Kältemittel.

Für DB Regio sind die langlaufenden Verträge vor allem ein Instrument zur Flottenmodernisierung. Fahrzeuge sollen nicht nur beschafft, sondern gemeinsam mit den Herstellern weiterentwickelt werden. Das spricht für etablierte Partner – und erklärt, warum MAN den Zuschlag dominiert.
Börse reagiert gespalten
An den Märkten spiegelt sich diese Gemengelage deutlich wider. Die TRATON-Aktie legt vorbörslich zu. Investoren honorieren den langfristigen Umsatzhebel, die hohe Auslastung und die Signalwirkung des Auftrags.
Die BYD-Aktie hingegen gibt nach. Der begrenzte Umfang des Auftrags dämpft die Erwartungen, zumal die politische Diskussion das Risiko erhöht, dass chinesische Anbieter bei öffentlichen Vergaben in Europa künftig stärker eingeschränkt werden.
Ein Auftrag mit Signalwirkung über den Busmarkt hinaus
Der Milliardenauftrag zeigt, wie sich Industrie-, Verkehrs- und Sicherheitspolitik zunehmend überlagern. Die Bahn entscheidet sich klar für einen europäischen Kernlieferanten, öffnet die Tür für BYD aber nur einen Spalt.
Für MAN ist das ein strategischer Sieg mit Langzeitwirkung. Für BYD ein Fuß in der Tür – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und für die Politik ein weiteres Beispiel dafür, wie schwierig es geworden ist, Wirtschaftlichkeit, Klimaziele und Sicherheitsinteressen in Einklang zu bringen.



