n der Berliner City West herrscht Aufbruchsstimmung – allerdings nicht für ein Warenhaus. Ein österreichischer Milliardär setzt zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres einen tiefen Schnitt durch das Erbe von René Benkos gescheiterter Signa-Immobiliengruppe. Georg Stumpf, Bauunternehmer und Investor, übernimmt das ehemalige Karstadt-Gebäude am Kurfürstendamm. Der Kaufpreis: 155 Millionen Euro. Die Hypothek: groß. Und das Interesse: international.
Wo jahrelang Kaufhausketten ums Überleben kämpften, entsteht jetzt eine neue Art von Immobilienprojekt – finanziert von einem Mann, der nicht dafür bekannt ist, Projekte halbherzig anzugehen.
Ein Deal auf den Trümmern der Signa
Was wie ein gewöhnlicher Immobilientransfer klingt, ist in Wahrheit ein Kapitel der größten Immobilieninsolvenz der jüngeren deutschen Wirtschaftsgeschichte. Laut Immobilienzeitung lasten auf dem Objekt Schulden von rund 225 Millionen Euro. Gläubigerbanken – darunter Raiffeisen Bank International, Norddeutsche Landesbank und Hypo Vorarlberg – sollen einem erheblichen Forderungsabschlag zugestimmt haben.
Wie hoch der Verzicht wirklich ist, bleibt im Dunkeln. Keine der angefragten Banken möchte Details preisgeben. Bankgeheimnis, heißt es. Nur eines ist klar: Für Stumpf öffnen sich damit Türen, die anderen verschlossen bleiben.
Wer Stumpf ist – und warum er sich Benkos Reste schnappt
Georg Stumpf ist kein klassischer Immobilienhändler. Der 53-Jährige gilt als strategischer Entwickler mit langem Atem. Sein Vermögen wurde zuletzt von Forbes auf 11,8 Milliarden Euro geschätzt – aufgebaut auf Großprojekten wie dem Millennium Tower in Wien, einem der prägnantesten Hochhäuser des Landes.
Bereits 2024 griff Stumpf bei einer anderen Signa-Immobilie zu: dem früheren Lamarr-Kaufhaus in Wien. Dort lässt er jetzt abreißen, umbauen, neu denken – Wohnungen, Handel, ein Vier-Sterne-Hotel. Fertigstellung: 2028.
Er kauft nicht, um zu halten. Er kauft, um zu transformieren.
Die neue Realität am Immobilienmarkt: Wer Liquidität hat, gewinnt
Während Banken, Fonds und institutionelle Anleger angesichts steigender Zinsen abwarten, spielt Stumpf die Lage zu seinem Vorteil. Die Insolvenzen in der Signa-Gruppe zwingen zu rascher Verwertung – Käufer mit Kapital sitzen am längeren Hebel.
Dass der Ku’damm-Deal überhaupt zustande kommt, zeigt, wie tief die Krise in Benkos Imperium reicht:
- Über 1.000 Gesellschaften in der Signa-Struktur
- Ermittlungen wegen Untreue und Betrug
- Im Oktober: Verurteilung zu zwei Jahren Haft (noch nicht rechtskräftig)
In Deutschland mehren sich ähnliche Fälle. In Hamburg kaufte die Stadt Teile des Elbtowers, ein weiterer symbolischer Signa-Kollaps. In München steht die Alte Akademie vor dem Besitzerwechsel.
Es entsteht ein historisches Fenster: Premium-Immobilien wechseln die Seiten – nicht wegen Nachfrage, sondern wegen Not.

Was Stumpf mit dem Berliner Objekt vorhat
Offizielle Informationen gibt es nicht. Stumpf Development verweigert jede Auskunft – „kein Kommentar“. Doch aus Gesprächen mit projektvertrauten Personen zeichnet sich ein Muster ab:
- Abriss und Neubau statt kosmetischer Sanierung
- Mischnutzung: Handel, Büros, möglicherweise Wohnen
- Internationale Ausrichtung – Ku’damm bleibt Luxusadresse
Für Stumpf zählt nur eines: Wertsteigerung durch Neudenken, nicht durch Bewahren.
Das Immobilienerbe von René Benko löst sich auf – Stein für Stein
Dass Investoren wie Stumpf jetzt aktiv werden, ist kein Zufall. Der Markt ist in Bewegung, und die Trümmer der Signa-Pleite bilden ein seltenes Angebot an innerstädtischen Toplagen. Wer Kapital hat, kauft nicht „eine Immobilie“ – er kauft Einfluss.
Der Fall zeigt eine neue Realität der Branche:
Immobilien wechseln nicht mehr den Besitzer, weil Visionen entstehen.
Sie wechseln, weil Banken die Geduld verlieren.


