30. Oktober, 2025

Politik

Milei triumphiert – Argentinien stimmt für den Schockkurs

Der ultraliberale Präsident Javier Milei gewinnt die Zwischenwahlen mit klarem Vorsprung – und verschafft sich damit den politischen Rückhalt, um seine radikale Sparpolitik fortzusetzen. Doch der Preis für seinen Sieg könnte hoch sein.

Milei triumphiert – Argentinien stimmt für den Schockkurs
Sieg trotz Krise: Javier Mileis Partei La Libertad Avanza erreichte bei den Zwischenwahlen 40,7 % der Stimmen – ein deutlicher Erfolg inmitten einer Wirtschaft, die seit Jahren unter Inflation von über 200 % und Massenarmut leidet.

Überraschungssieg trotz Wirtschaftskrise

Javier Milei hat es wieder geschafft, die politische Logik seines Landes auf den Kopf zu stellen. Während Millionen Argentinier unter Arbeitslosigkeit, Inflation und Sozialkürzungen leiden, stimmten sie bei der Parlamentszwischenwahl in großer Zahl für den Mann, der genau diese Politik zu verantworten hat.

Mit 40,67 Prozent der Stimmen errang seine Partei La Libertad Avanza (LLA) einen deutlichen Sieg – weit vor der oppositionellen Fuerza Patria der Peronisten, die auf knapp 32 Prozent kam. Selbst in der Provinz Buenos Aires, dem traditionellen Machtzentrum der Opposition, legte Mileis Bewegung zu.

Die Wahlbeteiligung blieb mit 68 Prozent ungewöhnlich niedrig, ein Zeichen der politischen Erschöpfung in einem Land, das seit Jahren zwischen Hoffnung und Absturz pendelt.

Machtzuwachs im Kongress

Mit dem Ergebnis verfügt Mileis Partei künftig über 94 der 257 Sitze im Abgeordnetenhaus – genug, um Gesetze der Opposition zu blockieren. Eine absolute Mehrheit bleibt außer Reichweite, doch die so erreichte Sperrminorität gibt dem Präsidenten neuen Handlungsspielraum.

Damit kann er nicht nur unliebsame Gesetzesinitiativen verhindern, sondern auch Versuche der Opposition, seine Dekrete einzuschränken oder gar ein Amtsenthebungsverfahren einzuleiten. Für den selbst ernannten Anarchokapitalisten ist das ein Befreiungsschlag – ein Mandat, seine marktradikale Agenda fortzusetzen.

„Heute haben wir den Wendepunkt erreicht“, rief Milei am Wahlabend in Buenos Aires seinen Anhängern zu. „Heute beginnt der Aufbau eines großen Argentiniens.“

Unterstützung aus Washington – und ein schaler Beigeschmack

Wenige Tage vor der Wahl hatte US-Präsident Donald Trump überraschend ein Hilfspaket im Umfang von 40 Milliarden Dollar für Argentinien zugesagt – zur Hälfte als Währungstausch, zur Hälfte als Kreditlinie. Bedingung: Milei müsse die Wahl gewinnen.

Dieser ungewöhnliche Eingriff aus Washington sorgt für Diskussionen. Kritiker sprechen von Wahlbeeinflussung, Befürworter von wirtschaftlicher Stabilisierung. Fakt ist: Die Aussicht auf frisches Kapital half, den Krypto-Dollar (Blue Dollar) kurz vor der Abstimmung zu stabilisieren und Vertrauen an den Märkten zu schaffen.

Märkte jubeln, Bevölkerung leidet

Die Finanzmärkte reagierten prompt. Aktien argentinischer Unternehmen legten an der Wall Street um bis zu 15 Prozent zu, während der inoffizielle Dollarkurs fiel. Für Investoren war das Ergebnis ein Signal der Kontinuität: Milei bleibt im Amt – und mit ihm der rigide Sparkurs.

Für die Bevölkerung aber bedeutet dieser Kurs weitere Einschnitte. Seit Amtsantritt hat Milei Subventionen gestrichen, Preiskontrollen abgeschafft und Hunderttausende Staatsbedienstete entlassen. Die Inflation hat sich zwar leicht abgeschwächt, doch die Reallöhne sind auf dem niedrigsten Stand seit 20 Jahren. 240.000 Arbeitsplätze gingen verloren, Renten und Sozialhilfen wurden drastisch gekürzt.

In den Straßen von Córdoba und Rosario protestieren Gewerkschaften, Lehrer und Rentner gleichermaßen. Der Wahlsieg ändert daran nichts – im Gegenteil: Milei dürfte seinen Sparkurs jetzt noch verschärfen.

Buenos Aires als Wendepunkt

Besonders symbolträchtig ist der Sieg in der Provinz Buenos Aires, wo 40 Prozent der Wahlberechtigten leben. Noch vor zwei Monaten hatte Mileis Partei dort eine schwere Niederlage erlitten. Der nun erzielte Erfolg zeigt, dass sein Diskurs der „Freiheit durch Verzicht“ offenbar verfängt – zumindest bei jenen, die auf einen langfristigen Aufschwung hoffen.

Auch in den wirtschaftlich wichtigen Regionen Córdoba, Santa Fe und Mendoza konnte LLA zulegen. Milei ist damit landesweit präsenter denn je – und politisch stärker, als es ihm viele zugetraut hätten.

Der Preis des Erfolgs

Mileis Regierungsstil polarisiert. Seine Anhänger feiern ihn als Retter vor einem bankrotten Staat, seine Gegner sehen in ihm einen ideologischen Brandstifter. Ökonomen warnen, dass der strikte Sparkurs die Wirtschaft zwar kurzfristig stabilisieren, langfristig aber veröden könnte.

Investitionen bleiben spärlich, Armut und Ungleichheit wachsen. Doch Milei kalkuliert bewusst mit dem Risiko – und mit dem Glauben, dass Freiheit nur durch Schmerz zu erkaufen ist.

Argentinien steht an einem neuen Wendepunkt – wieder einmal. Der Sieg von Javier Milei gibt ihm die Macht, seinen radikalen Reformkurs zu vertiefen. Doch ob der Preis, den das Land dafür zahlt, tragbar bleibt, ist offen. Die Märkte mögen jubeln, doch die Frage ist: Wie lange kann ein Land applaudieren, wenn seine Bürger hungern?

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