Ein Auftritt, der sitzt
Mark Zuckerberg trat am Dienstagabend nicht wie ein CEO auf, der gerade sein bestes Quartal geliefert hat – sondern wie ein General, der in den Krieg zieht. Genauer: in den Krieg um KI-Talente.
Im Analystencall präsentierte sich der Meta-Chef entschlossen wie selten. Sein Ziel: Meta zur führenden Adresse für „Superintelligenz“ machen. Die Zahlen geben ihm recht – zumindest vorerst.

Mit einem Umsatz von 47,52 Milliarden Dollar übertraf Meta die Erwartungen deutlich (Prognose: 44,83 Mrd.). Der Gewinn pro Aktie lag mit 7,14 Dollar ebenfalls klar über den Erwartungen (5,89 Dollar). Anleger reagierten prompt: Die Aktie stieg nachbörslich um mehr als 12 Prozent auf ein Allzeithoch von 780 Dollar.
Meta verdient blendend – und gibt es sofort wieder aus
So solide die Zahlen sind, so deutlich ist auch, wohin das Geld fließt. Zwei Treiber nennt Meta selbst für den kräftigen Anstieg der operativen Ausgaben: teure Infrastruktur – und noch teurere Köpfe.
Insbesondere im neuen Bereich „Meta Superintelligence Labs“ wird aggressiv eingestellt. Die besten Talente aus der KI-Welt, von OpenAI über GitHub bis Scale AI, sollen Meta den entscheidenden Wissensvorsprung sichern.
Zuckerberg prahlte fast mit seiner Shoppingliste: Alexandr Wang (Scale AI), Shengjia Zhao (ehemals OpenAI), Nat Friedman (Ex-GitHub). Alle mit sieben- bis achtstelligen Paketen an Bord geholt. Die Botschaft ist klar: Wer an der KI-Spitze mitspielen will, muss nicht nur investieren – sondern auch verführen.
Talentkriege, Tech-Patriotismus und Milliarden-Infrastruktur
Die Strategie ist riskant. Meta hat allein 2025 Investitionen in Höhe von bis zu 72 Milliarden Dollar angekündigt – fast ein Drittel davon für Infrastruktur, der Rest für KI-Personal. Im kommenden Jahr soll diese Summe noch einmal „signifikant wachsen“, so CFO Susan Li.
Besonders auffällig: Zuckerberg setzt explizit auf kleine, hochkarätig besetzte Teams – ein klarer Bruch mit dem Skalierungsansatz, der Facebook und Instagram groß gemacht hat.
„Die besten Forschungsteams sind klein, fokussiert und dicht besetzt“, sagte er.
Das klingt wie ein Seitenhieb auf die eigenen Großabteilungen – und wie ein neuer Meta-Kurs.
„Wenn du keine AI-Brille hast, bist du im Nachteil“
Auch bei Hardware liefert Meta: Die smarten Ray-Ban-Brillen verkaufen sich offenbar besser als gedacht. Die Einnahmen in der Reality Labs-Sparte stiegen um fast 5 Prozent. Zuckerberg setzt große Hoffnungen in diese neue Schnittstelle zwischen Mensch und Maschine:
„Die Brille wird das ideale Interface für persönliche Superintelligenz sein.“
Es ist das Comeback des Metaverse – nur unter anderem Namen. Von „Superintelligenz“ ist jetzt die Rede, nicht mehr von Avataren. Das Ziel bleibt gleich: Meta will das nächste Interface dominieren.
Milliarden, Visionen – aber auch Kritik
Nicht alle sind überzeugt. Die operative Marge von 43 Prozent (Vorjahr: 38) ist stark, aber Analysten warnen vor dem „hohen Energie- und Personaldruck“, den Meta sich aufhalst. Jesse Cohen von Investing.com spricht von „einer neuen Phase der Hyperinvestition“. Die Frage sei nicht, ob KI nützt – sondern wann die Rendite kommt.
Auch intern ist der Sparkurs vorbei: Obwohl die Mitarbeiterzahl leicht rückläufig ist (75.945, rund 900 weniger als im Q1), steigen die Personalkosten rapide. Für viele Beobachter ist klar: Die nächsten Quartale werden teuer – mit oder ohne neue Brillen.
Zuckerbergs Revanche
Für Mark Zuckerberg ist dieses Quartal mehr als nur ein Erfolg – es ist eine Rehabilitierung. Lange Zeit wurde Meta wegen der Metaverse-Offensive und astronomischer Investitionen in Reality Labs belächelt. Jetzt zeigt der Konzern, dass er mit KI nicht nur mitspielt, sondern die Richtung vorgibt. Die Aktionäre danken es ihm.
Doch der Grat bleibt schmal. Meta ist längst kein günstiges Tech-Investment mehr, sondern eine Hochrisikowette auf ein technologisches Zukunftsversprechen. Wenn die Superintelligenz kommt, will Meta vorne dabei sein. Doch was, wenn nicht?
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