Ein Drittel mehr als im Vorjahr
Trotz verschärfter Rhetorik und neuer Rückführungsabkommen ist die Zahl der Migranten, die über das Mittelmeer Italien erreichen, im April 2025 um 35 Prozent gestiegen.
Laut Angaben des italienischen Innenministeriums registrierten die Behörden im vergangenen Monat 6.400 Anlandungen – deutlich mehr als die 4.721 im April des Vorjahres.
Insgesamt wurden bis Ende April 15.543 Migranten gezählt, während es im gleichen Zeitraum 2024 rund 16.000 waren. Ein Rückgang – aber weit weniger deutlich als von der Regierung ursprünglich angekündigt.
Noch Anfang April hatte Innenminister Matteo Piantedosi von einem „Trendwechsel“ gesprochen. Man sei „auf einem guten Weg“, so Piantedosi. Die aktuellen Zahlen dürften diese Einschätzung nun ins Wanken bringen.
Lampedusa erneut Brennpunkt – Herkunftsländer verschieben sich
Die Insel Lampedusa, Italiens südlichster Vorposten, bleibt das Hauptziel vieler Migrantenboote. Dort wurden im April fast 1.000 Ankünfte registriert. Ein Großteil der Geflüchteten kam laut Behördenangaben aus Bangladesch – ein Trend, der zuletzt stark zugenommen hat.
Dahinter folgen Eritrea, Pakistan, Ägypten und Syrien. Auffällig ist: Der Anteil von Menschen aus Tunesien sank deutlich – auf nur noch 1,5 Prozent. Ein Minus von zehn Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr.
Der Grund dafür liegt in einem zwischenstaatlichen Rücknahmeabkommen mit Tunis, das bislang als einziges einigermaßen funktioniert. Die Regierung Meloni hatte auf genau solche bilateralen Deals gesetzt, um Rückführungen zu erleichtern und „Push-Faktoren“ direkt in den Herkunftsländern zu bekämpfen. Doch Tunesien bleibt die Ausnahme.

Strategie unter Druck – Roms Bilanz fällt durchwachsen aus
Das zentrale Problem: Während einzelne Abkommen greifen, bleibt der Gesamteffekt begrenzt. In Staaten wie Eritrea, Bangladesch oder Pakistan bestehen kaum funktionierende Rücknahmevereinbarungen.
Hinzu kommen politische Hürden: In Äthiopien, Sudan oder Syrien sind staatliche Strukturen kaum belastbar – Rückführungen faktisch unmöglich. Selbst im Fall Ägypten sind die diplomatischen Kanäle kompliziert.
Gleichzeitig sorgt die dramatische Lage in vielen Herkunftsländern für steigenden Migrationsdruck. Krieg, politische Instabilität und wirtschaftliche Not treiben Menschen auf die gefährlichen Routen über das Mittelmeer.
Laut der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind im ersten Quartal 2025 bereits über 300 Menschen beim Versuch gestorben, das Mittelmeer zu überqueren – die Dunkelziffer dürfte höher liegen.
Ein europäisches Problem – aber keine gemeinsame Lösung
Italiens Alleingang bei Rücknahmeabkommen ist symptomatisch für die tieferliegende Krise der europäischen Migrationspolitik. Der im Dezember 2023 beschlossene EU-Migrationspakt greift bislang kaum.
Gemeinsame Verfahren an den Außengrenzen und eine gerechte Verteilung der Geflüchteten innerhalb Europas sind weiterhin in der Umsetzung. Länder wie Ungarn oder Polen blockieren nach wie vor jegliche verpflichtende Aufnahmequote.
Rom sieht sich daher zunehmend als „allein gelassen“. Regierungschefin Giorgia Meloni forderte zuletzt auf einem EU-Sondergipfel in Brüssel „klare Solidarität“ – eine Forderung, die bislang unbeantwortet bleibt.