Bafin zieht die Grenze nach oben
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) ändert die Spielregeln für sogenannte Directors’ Dealings. Wer als Vorstand, Aufsichtsrat oder enger Angehöriger Aktien seines eigenen Unternehmens kauft oder verkauft, muss dies künftig erst ab einem Jahresvolumen von 50.000 Euro öffentlich melden. Bislang lag die Grenze bei 20.000 Euro.
Die neue Schwelle soll zum 1. Januar 2026 in Kraft treten. Damit reagiert die Aufsicht auf Vorgaben der europäischen Wertpapierbehörde ESMA, die nationalen Behörden mehr Spielraum bei der Regulierung solcher Meldepflichten einräumt. Die Bafin erwartet infolge der Anpassung bis zu ein Drittel weniger Meldungen.
„Das Gleichgewicht zwischen Transparenz und Aufwand bleibt gewahrt“, heißt es aus Bonn.
Weniger Meldungen, mehr Interpretationsspielraum
Für Investoren sind diese Managerkäufe oft mehr als eine Formalie: Sie gelten als psychologischer Frühindikator. Wenn ein CEO in eigene Aktien investiert, sendet das Vertrauen – verkauft er, wird das am Markt häufig als Warnsignal verstanden.
Genau deshalb sehen Marktbeobachter die neue Regelung kritisch. Weniger Meldungen bedeuten weniger Einblick, insbesondere bei kleineren Transaktionen, die häufig erste Hinweise auf eine sich ändernde Einschätzung des Managements geben.
Bis 2019 lag die Schwelle bei gerade einmal 5.000 Euro. Dann wurde sie schrittweise auf 20.000 Euro angehoben – nun folgt der nächste Sprung. Während große Konzerne mit Millionenvolumen kaum betroffen sind, verlieren Investoren bei Small Caps und Nebenwerten einen Teil ihrer Transparenz.
Bürokratieabbau oder Rückschritt?
Die Bafin argumentiert, der bisherige Aufwand sei für viele Unternehmen unverhältnismäßig hoch gewesen. Besonders kleine und mittlere Emittenten hätten die Vielzahl an Meldepflichten kaum bewältigen können.
„Im Durchschnitt liegen die Managergeschäfte ohnehin über 100.000 Euro im Jahr“, heißt es zur Begründung. Die Zahl der Veröffentlichungen sei gestiegen, ohne dass sich daraus ein zusätzlicher Erkenntnisgewinn für Anleger ergeben hätte.
Doch der Fall Evotec zeigt, dass Transparenz kein Selbstzweck ist: Der damalige Vorstandschef Werner Lanthaler hatte in den Jahren 2021 bis 2023 Aktiengeschäfte im Volumen von über zwölf Millionen Euro nicht gemeldet – erst die verspätete Offenlegung brachte den Skandal ans Licht und kostete ihn den Job.
Kritiker befürchten, dass eine höhere Schwelle genau solche Verstöße erleichtert.
Das Vertrauen der Märkte steht auf dem Spiel
Die Meldepflicht für Eigengeschäfte ist ein zentrales Element des Wertpapierhandelsgesetzes und der EU-Marktmissbrauchsverordnung (MAR). Sie soll Insiderhandel verhindern und Anlegern ermöglichen, Managerentscheidungen transparent nachzuvollziehen.
Indem die Schwelle nun angehoben wird, verschiebt sich das Verhältnis zwischen Kontrolle und Bequemlichkeit. Was die Bafin als Entlastung für Unternehmen verkauft, könnte in der Praxis zu Informationsdefiziten am Markt führen – und damit genau das untergraben, was sie eigentlich schützen soll: Vertrauen.
Eine Gratwanderung für die Aufsicht
Die Bafin steht unter Druck, Regulierung effizienter zu gestalten, ohne Marktintegrität zu gefährden. Doch gerade in Zeiten von verunsicherten Kapitalmärkten und sinkender Anlegerbeteiligung ist jede Entscheidung, die Transparenz reduziert, heikel.
Ob die Lockerung tatsächlich den gewünschten Effekt hat, bleibt abzuwarten. Sicher ist nur: Wenn Transparenz zur Verhandlungsmasse wird, ist der Vertrauensvorschuss schnell verspielt.

 
                