05. Juni, 2025

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Macheten für den Vorgarten? Wie ein Discounter Verantwortung zerschneidet

Ein Berliner Markt verkauft Buschmesser zum Spottpreis, während die Polizei mit Messerattacken ringt. Zwischen gesetzlicher Grauzone und moralischer Abgründigkeit steht die Frage: Wer braucht eine Machete für 9,99 Euro?

Macheten für den Vorgarten? Wie ein Discounter Verantwortung zerschneidet
Werbung mit Stahlkante – Der Discounter bewirbt die Machete als „Outdoor“-Produkt, obwohl ihre Klinge mit 56 Zentimetern und Widerhaken kaum in ein Campingidyll passt. In Berlin gibt es täglich fast zehn Messerattacken.

In einem Viertel, in dem Polizeiwagen selten ohne Blaulicht vorfahren, bietet ein Discounter jetzt an, was bisher eher in Waffenschränken, Horrorfilmen oder Tropenlagern vermutet wurde: Macheten, Buschmesser und Äxte.

Lässig präsentiert im Werbeprospekt neben Klappstuhl und Grillkohle. Preis: 9,99 Euro. Botschaft: Wer billig hacken will, greift zu.

Rainer Wendt, Vorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft, bringt es auf den Punkt:

„Das ist an Zynismus kaum zu überbieten.“

Während Einsatzkräfte täglich gegen wachsende Gewaltbereitschaft auf den Straßen kämpfen, fühlt sich ein Handelsunternehmen bemüßigt, scharfe Klingen unters Volk zu bringen. Angeblich für Gartenfreunde und Outdoor-Fans. Man wähnt sich in einem schlechten Sketch – wäre das Thema nicht so bitter ernst.

Mehr als 3.500 Messerattacken wurden allein 2024 in Berlin registriert. Fast zehn täglich. Und während Politik, Justiz und Zivilgesellschaft um Antworten ringen, lädt Norma zum großflächigen Klingen-Shopping.

Supermarkt verkauft Macheten für 9,99 Euro
Während die Politik über Maßnahmen gegen Messergewalt diskutiert, gibt es bei einem Discounter jetzt Macheten und Buschmesser für 9,99 Euro zu kaufen.

Das Unternehmen verweist auf die gesetzliche Lage: Besitz legal, Mitführen verboten. Verkauft werde erst ab 16 Jahren. Man verlange sogar eine Nachfrage an der Kasse, kein freier Zugriff.

Klingt verantwortungsbewusst. Aber es erinnert an jene Tankstellen, die Energy-Drinks mit "Verkauf ab 18"-Hinweis in greifbarer Kinderhöhe stapeln.

Fakt ist: Wer in Deutschland eine Machete besitzen will, darf das. Es braucht kein Waffenschein, keine Registrierung. Nur etwas Kleingeld und einen Werbezettel mit dem Versprechen, dass dieses Instrument der ideale Begleiter für den nächsten Campingtrip sei.

Ein junger Betroffener berichtet

Der 17-jährige Malik, Schüler aus Neukölln, kennt die Realität auf Berlins Straßen. "Ich wurde mal auf dem Nachhauseweg mit einem Butterfly bedroht, einfach so. Jetzt verkaufen sie Macheten im Supermarkt? Ich fass es nicht." Malik sagt, viele Jugendliche würden solche Angebote als "cool" empfinden. "Nicht jeder kauft die Dinger fürs Lagerfeuer."

Marketing ohne Moral

Was bleibt, ist ein Werbemotiv mit einem grinsenden Macheten-Piktogramm und der Slogan: "Outdoor ab 9,99 Euro". Es wirkt wie ein bitteres Symbol für einen Handel, der keine Fragen stellt, solange die Kasse klingelt.

Es ist nicht verboten. Aber es ist falsch.

Ein scharfes Angebot in einer stumpfen Debatte

Die Frage ist nicht, ob es erlaubt ist. Sondern, ob es verantwortbar ist. In einem Klima, in dem die Verrohung greifbar wird, ist es ein fatales Signal, potenziell gefährliche Gegenstände wie Brot und Butter zu bewerben. Dass die Polizei Alarm schlägt, ist kein Überreaktion. Es ist ein Notruf.

Und der Discounter? Der schweigt. Wahrscheinlich überlegt man schon, was nächste Woche ins Regal kommt. Wurfsterne im Dreierpack?

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