Zahlen gut – Ausblick miserabel
Auf den ersten Blick wirkte alles in Ordnung: Lululemon legte im ersten Quartal solide Ergebnisse vor, übertraf beim Gewinn sogar die Erwartungen. Doch wer am Abend des 5. Juni genauer hinsah, merkte schnell – das war nur die Ruhe vor dem Sturm.

Denn während Umsatz und Profit stimmten, war es der Ausblick, der Investoren schockierte. Der kanadisch-amerikanische Sportmodekonzern kappte die Prognose für das laufende Geschäftsjahr – deutlich. Die Aktie brach daraufhin im nachbörslichen Handel um über 20 Prozent ein.
Ein Rückschlag mit Signalwirkung
Was wie ein isoliertes Ereignis bei einem nordamerikanischen Yogahosen-Giganten aussieht, hat weitreichende Folgen. Die Abstrafung an der NASDAQ blieb nicht ohne Echo auf dem deutschen Kurszettel.
Sowohl adidas als auch PUMA gerieten am Freitag unter Druck. Die Aktien der beiden Traditionsunternehmen verloren in einem insgesamt ruhigen Handelsumfeld spürbar an Wert – obwohl ihre eigenen Zahlen (noch) nicht im Fokus stehen.
Der Grund: Die Märkte werten Lululemon als Stimmungsbarometer für die gesamte Sport- und Freizeitbranche. Und die Signale, die das Unternehmen aussendet, sind alles andere als optimistisch.
Makroumfeld belastet – auch bei Lululemon
Laut CEO Calvin McDonald sieht sich das Unternehmen mit einem „dynamischen Makroumfeld“ konfrontiert – ein diplomatischer Ausdruck für das, was Analysten deutlich klarer formulieren: Die US-Kernmärkte schwächeln, das China-Geschäft verliert an Tempo, die Lager füllen sich, während die Kosten aus dem Ruder laufen.
Das Ergebnis: Die operative Marge steht unter Druck, die Wachstumsperspektive trübt sich ein.
Jefferies-Analyst Randal J. Konik wird in seiner Bewertung deutlich:
„Die Vergleichszahlen enttäuschen, die US-Zahlen sind rückläufig, die Lager überfüllt.“
Besonders kritisch sei das abnehmende Momentum in China – ausgerechnet dort, wo sich westliche Marken zuletzt auf Wachstum verlassen hatten.
Skepsis greift auf Europa über
Dass auch adidas und PUMA sofort in Mitleidenschaft gezogen werden, zeigt, wie sensibel der Markt aktuell auf negative Branchennachrichten reagiert. Anleger befürchten, dass die Schwächen bei Lululemon kein Einzelfall sind, sondern symptomatisch für die gesamte Branche.
Der Fokus liegt nun auf der Frage: Wie krisenfest sind europäische Marken wirklich?
PUMA und adidas befinden sich ohnehin im Transformationsprozess: Neue Kollektionen, internationale Wachstumsinitiativen und Margenverbesserungen stehen auf der Agenda. Doch die Nachfrage in den Kernmärkten USA und China bleibt volatil. Wer zu früh auf Erholung wettet, riskiert, auf dem falschen Fuß erwischt zu werden.
Warum der Absturz Lululemon besonders schmerzt
Lululemon galt lange als unerschütterlicher Wachstumsstar. Die Kombination aus High-End-Image, Community-orientierter Marketingstrategie und rasant wachsender Direct-to-Consumer-Plattform machte das Unternehmen zum Liebling institutioneller Investoren.
Dass ausgerechnet dieser Titel nun mit einem zweistelligen Kursverlust abgestraft wird, dürfte bei Fondsmanagern Fragen aufwerfen – auch mit Blick auf andere Premium-Marken.
Der Trend zur „Athleisure“-Mode, also dem fließenden Übergang von Sport- zu Alltagskleidung, ist ungebrochen – doch offenbar nicht mehr das Selbstläufer-Modell, als das es lange galt. Besonders in einem von Inflation, Kaufzurückhaltung und geopolitischer Unsicherheit geprägten Umfeld stoßen selbst starke Marken an ihre Grenzen.
Für die Branche wird es ungemütlich
Dass die Anleger Lululemon nicht mit einem Schulterzucken abtun, zeigt die Nervosität in der gesamten Sportartikelbranche. Die Kombination aus hohem Lagerbestand, teurer Logistik, wachstumsstarken, aber zunehmend komplexen Märkten und Margendruck sorgt für Unsicherheit.
adidas und PUMA werden sich spätestens zur nächsten Berichtssaison beweisen müssen. Denn eines ist nach diesem Kursrutsch klar: Die Geduld der Anleger mit der Branche ist dünn geworden. Wer nicht liefert, wird abgestraft – selbst dann, wenn die Zahlen eigentlich gut aussehen.
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