Die Lufthansa Group kämpft weiter mit hohen Kosten, struktureller Belastung im Massengeschäft und dem schleppenden Comeback der Geschäftsreisenden. Gleichzeitig setzt die Airline auf eine radikale Aufwertung ihres Premiumangebots – ein Schritt, der weniger Imagepflege als wirtschaftliche Notwendigkeit ist.

Die Kernmarke arbeitet sich aus der Verlustzone
Trotz anhaltender Nachfrage auf der Kurz- und Mittelstrecke schrieb die Kern-Airline zuletzt deutlich rote Zahlen. Von den 307 Millionen Euro Verlust im ersten Halbjahr 2025 entfielen 274 Millionen auf Lufthansa Classic. Die Strategie „Turnaround“ soll die Trendwende bringen: neue Strukturen, ein verschlankter Konzern und Ausrichtung auf Margen statt Masse.
Der politische Rückenwind kommt zur rechten Zeit. Die Bundesregierung entlastet die Branche um 350 Millionen Euro, um die schwache Verkehrsentwicklung zu stabilisieren. Für Lufthansa bedeutet das: keine weiteren Streichungen im innerdeutschen Sommerflugplan und zusätzliche Kapazitäten bei Eurowings und Austrian.
Luxus wird zur ökonomischen Leitplanke
Der operative Fokus verschiebt sich klar in Richtung Premium. Neue Langstreckenkabinen unter dem Namen Allegris, renovierte First- und Business-Class-Bereiche und aufgewertete Services sollen jene Kundengruppe zurückholen, die seit der Pandemie zögert. Geschäftsreisende – traditionell die margenträchtigste Klientel – buchen weniger und vergleichen stärker.
Ab 2026 erhalten selbst reaktivierte A380 ein neues Kabinenprodukt. Gleichzeitig wertet Lufthansa die Premium Economy auf und verschiebt die Positionierung näher an die Business Class. Die Botschaft lautet: Europa soll wieder eine Airline mit international konkurrenzfähigem Premiumanspruch bekommen.

Kulinarik und Komfort werden Teil des Markenversprechens
Das Servicekonzept wird vollständig neu aufgesetzt. In der First Class dominieren künftig kleinere, kuratierte Gänge, in der Business Class ziehen Menüs von Johann Lafer ein – ein Angebot, das bereits auf Kurz- und Mittelstrecken erfolgreich war. Die Airline setzt darauf, dass ein differenziertes Bordprodukt die Zahlungsbereitschaft erhöht und die Marke emotional auflädt.
Parallel dazu modernisiert der Konzern seine Lounge- und Bodeninfrastruktur. In Frankfurt und anderen Hubs wurden Business- und Senator-Lounges umfassend renoviert. Am Frankfurter Terminal 1 entstand ein neuer Premium Check-in mit direktem Zugang vom Parkhaus, Servicebars und individuellen Gepäckstationen. Der Konzern formt damit ein Gesamterlebnis, das weit über die Kabine hinausgeht.
Der Geschäftsreisemarkt bleibt eine offene Flanke
Die stärkere Premiumausrichtung trifft auf ein schwieriges Umfeld. Laut BCD Travel steht 2026 das schwächste globale Geschäftsreisejahr seit der Finanzkrise an. Wachstumsprognosen von nur 2,6 Prozent für die Weltwirtschaft und hartnäckig hohe Inflationsraten bremsen Budgets. Gleichzeitig steigen Flugpreise weiter.

Für Lufthansa bleibt der Geschäftsreisemarkt damit eine variable Größe. Die Airline muss ihr Premiumangebot so gestalten, dass es auch bei vorsichtigen Firmenbudgets überzeugt – und nicht nur in boomenden Zyklen trägt.
Die Aktie sendet erste Stabilitätssignale
Die Anleger nehmen die strategische Neuausrichtung zunehmend positiv auf. Charttechnisch hat sich die Lufthansa-Aktie in den vergangenen Wochen gefestigt. Mit Kursen um 8,20 Euro nähert sie sich einer wichtigen Widerstandszone bei 8,40 Euro. Wird auch die Marke von 8,58 Euro überwunden, rückt das Kursniveau von Anfang 2023 bei rund elf Euro in Reichweite.
Der GD200 formt eine Untertassenstruktur – ein Muster, das häufig auf einen mittel- bis langfristigen Trendwechsel hindeutet. Kurzfristig eröffnet das Chancen für Trader, auch wenn der Konzern operativ noch weit von alter Stärke entfernt ist.
Strategische Optionen erweitern das Marktpotenzial
Mehr Premium allein reicht nicht, um dauerhaft zu wachsen. Lufthansa plant deshalb den Einstieg bei TAP Portugal – ein Schritt, der Lissabon als Atlantikdrehscheibe ins eigene Netzwerk integrieren würde. Der Zugang zu Brasilien, Afrika und Teilen Asiens könnte die geografische Abhängigkeit von den klassischen Europa-Hubs reduzieren und neue, margenstarke Strecken erschließen.
Gelingt der Konzernumbau, verschafft das der Aktie Rückenwind. Ob das neue Premiumversprechen die Profitabilität nachhaltig trägt, entscheidet sich aber nicht in den Lounges – sondern daran, ob Lufthansa ein Geschäftsmodell findet, das weniger von äußeren Schocks abhängig ist und mehr von der eigenen Preissetzungsmacht lebt.




