Die Erwartungen waren hoch, als unser Redakteur der InvestmentWeek für die aktuelle Recherchereise nach Miami an Bord der Lufthansa-Langstreckenverbindung LH462/463 stieg.
Schließlich bewirbt die Kranich-Airline ihre traditionsreiche Boeing 747-8i-Flotte gerne als Premiumprodukt im internationalen Geschäft.
Doch auf dem rund zehneinhalb Stunden langen Atlantikflug offenbarte sich ein differenziertes Bild: solide Grundqualität mit altbekannten Stärken – aber auch einige Schwächen, die im Jahr 2025 nicht mehr selbstverständlich hingenommen werden.
Sondermahlzeiten ja – aber nicht für alle
Besonders auffällig: die Verpflegung für Passagiere mit Lebensmittelallergien. Vor dem Abflug hatte unser Redakteur seine Allergien (darunter Nüsse und Karotten) ordnungsgemäß beim Kundenservice hinterlegt.
Eine Rückmeldung bestätigte die Dokumentation der Angaben im Buchungssystem.

Doch an Bord: Fehlanzeige. Weder auf dem Hin- noch auf dem Rückflug lag eine entsprechend angepasste Mahlzeit bereit. Stattdessen musste auf das Standardmenü ausgewichen werden, begleitet von erklärtem Unverständnis beim Kabinenpersonal.
Kurios dabei: Andere Sondermahlzeiten wie vegetarisch, vegan, koscher oder hinduistisch werden problemlos angeboten und lassen sich direkt online buchen – Allergiker hingegen bleiben auf individuelle Klärungen mit dem Kundenservice angewiesen. Eine einheitliche, transparente Lösung für diese wachsende Kundengruppe scheint bislang zu fehlen.
Auf Anfrage der InvestmentWeek erklärt Lufthansa-Pressesprecher Dr. Waber:
„Grundsätzlich bietet Lufthansa auch spezielle Sondermahlzeiten für Reisende mit Lebensmittelintoleranzen an. Sondermahlzeiten können bis 24 Stunden vor Abflug bestellt werden, vorausgesetzt, es liegt eine bestätigte Buchung in der entsprechenden Klasse vor.“
Dass es im Einzelfall dennoch zu Problemen kam, bedauere man ausdrücklich.
Technikprobleme trotz laufender Investitionen
Für Stirnrunzeln sorgte auch das Inflight-Entertainment-System an Bord der betagten 747-8i. Auf beiden Flügen fiel der persönliche Bildschirm am Sitzplatz unseres Redakteurs vollständig aus.
Während auf dem Hinflug ein Totalausfall des Systems festgestellt wurde, fror auf dem Rückflug die Benutzeroberfläche nach wenigen Minuten ein. Auch ein kompletter Neustart durch die Crew blieb ohne Erfolg.

Lufthansa betont auf Nachfrage, dass „die eingehende Wartung aller Produktkomponenten selbstverständlich Teil unserer Serviceoffensive“ sei. In der Tat investiert der Konzern nach eigenen Angaben derzeit zwei Milliarden Euro in Produktverbesserungen.
Dennoch wird bei der 747-8i-Flotte, die seit 2012 im Dienst steht, das Alter inzwischen spürbar. Kabinenausstattung, Technik und Sitze sind gut gepflegt, wirken aber im direkten Vergleich zu neuen Produkten am Markt sichtbar angestaubt.
Extratreatment für Promis – und die Frage der Gleichbehandlung
Für Erstaunen sorgte zudem eine Szene beim Boarding auf dem Rückflug von Miami: Während die Passagiere in der Economy-Class ihre Plätze suchten, wurde dem deutschen Sänger Wincent Weiss und seinen Begleitpersonen auf den vorderen Plätzen der Economy ein Begrüßungssekt serviert – ein Service, den reguläre Gäste an Bord nicht erhielten.
Die InvestmentWeek fragte nach den Hintergründen dieser selektiven Behandlung. Die Antwort der Lufthansa fällt ausweichend aus:
„Erhält Lufthansa-Personal gesonderte Anweisungen im Umgang mit prominenten Passagieren? Nein, derartige Anweisungen gibt es nicht. Die Zufriedenheit aller unserer Fluggäste ist uns wichtig. Aus datenschutzrechtlichen Gründen können wir uns nicht zu einzelnen Reisenden äußern.“
Ein Premiumprodukt mit Schattenseiten
Unterm Strich bleibt nach dem Testflug ein gemischtes Bild. Lufthansa liefert auf der Langstrecke Frankfurt–Miami grundsätzlich eine solide Leistung ab. Der Service der Kabinencrew bleibt freundlich und bemüht, die Bordküche ordentlich, die 747-8i trotz ihres Alters in sauberem Zustand.
Doch kleine, wiederkehrende Schwächen wie defekte Bildschirme, das unflexible Allergiker-Management und die intransparenten Sonderbehandlungen einzelner Passagiere passen nicht zum Premiumanspruch, den Lufthansa gerne für sich reklamiert.
Gerade auf Strecken mit hoher Premiumkundschaft – wie zwischen Frankfurt und Miami – entscheidet sich der wirtschaftliche Erfolg längst nicht mehr nur über den Sitzkomfort. Auch professionelle Abläufe, Verlässlichkeit und echte Kundenorientierung rücken in den Fokus. Hier bleibt bei aller Wertschätzung für Tradition noch Luft nach oben.
Das könnte Sie auch interessieren:
