Die Tylenol-Kontroverse
US-Präsident Donald Trump warnte öffentlich Schwangere vor Tylenol und stellte einen Zusammenhang zwischen dem Wirkstoff Acetaminophen und Autismus in den Raum. Kenvue widerspricht, Wissenschaftler ebenso.
Trotzdem verlor die Aktie des Unternehmens nach Trumps Auftritt rund 20 Prozent und der Bundesstaat Texas reichte Klage ein. Kimberly-Clark übernimmt Kenvue also nicht in einer Phase der Stärke, sondern im Sturm medialer und juristischer Unsicherheit.
Rekordpreis mit Verwässerung
Der Kaufpreis liegt inklusive Schulden bei knapp 49 Milliarden Dollar. Ein Teil davon wird in Kimberly-Clark-Aktien bezahlt. Für bestehende Anleger bedeutet das eine Verwässerung ihrer Anteile – einer der Hauptgründe, warum die Aktie am Tag der Bekanntgabe zweistellig fiel.
Während Kimberly-Clark verlor, schoss die Kenvue-Aktie zeitweise um mehr als 16 Prozent nach oben.

Strategiewechsel Richtung Gesundheitsmarkt
Strategisch soll Kenvue Kimberly-Clark unabhängiger vom margenschwachen Hygiene- und Tissuegeschäft machen. Kenvue bringt starke Marken wie Neutrogena, Aveeno und Listerine mit und damit Produkte, die deutlich höhere Margen erzielen als Windeln oder Taschentücher.
Das Management sieht jährlich über zwei Milliarden Dollar Einsparpotenzial durch Synergien. Allerdings entstehen in den ersten zwei Jahren Umbaukosten von rund 2,5 Milliarden Dollar. Kurzfristig werden also Kosten sichtbar sein, bevor langfristige Effekte greifen.
Dividendenwert wird zur Wette
Viele Anleger sehen Kimberly-Clark bisher als defensiven Dividendenwert. Die Aktie bietet aktuell eine Rendite von knapp fünf Prozent, und genau deswegen halten viele Investoren den Titel im Depot: Sicherheit statt Risiko. Mit der Übernahme ändert sich dieses Profil. Synergien, Integration, Umbaukosten – das klingt eher nach Wachstumstitel als nach Dividendenstabilität.
Der neue Balanceakt
Für Kimberly-Clark beginnt ein Balanceakt zwischen langfristigem Wachstum und kurzfristiger Belastung. Gelingt die Integration, bekommt das Unternehmen Zugang zu attraktiven Märkten mit hoher Preissetzungsmacht.
Wenn die Einsparungen nicht eintreffen, bleibt ein überteuerter Kauf während einer Phase politischer Unsicherheit – und ein Dividendenwert, der plötzlich spekulativ wirkt.

