KI soll den Warenschwund im Supermarkt senken – und lässt sich doch austricksen
Supermärkte verlieren jedes Jahr Milliarden durch Inventurdifferenzen. Künstliche Intelligenz soll an Self-Checkout-Kassen helfen, Fehler und Diebstahl zu reduzieren. Erste Praxistests zeigen Fortschritte – aber auch klare Grenzen.
Self-Checkout breitet sich rasant aus
Self-Checkout-Kassen gehören für viele Kunden inzwischen zum Alltag. In Deutschland hat sich ihre Zahl in den vergangenen zwei Jahren mehr als verdoppelt. Über 11.000 Geschäfte setzen inzwischen auf Systeme zum Selbstscannen, vor allem im Lebensmitteleinzelhandel.
Händler versprechen sich davon kürzere Wartezeiten, mehr Komfort für Kunden und Entlastung beim Personal. In manchen Märkten werden bereits 40 bis 50 Prozent der Einkäufe über Selbstbedienungskassen abgewickelt.

Personalmangel und steigende Verluste
Der Ausbau der Self-Checkout-Zonen fällt in eine Phase akuten Personalmangels. Im Einzelhandel blieben zuletzt mehr als 120.000 Stellen unbesetzt. Gleichzeitig steigen die Inventurdifferenzen.
Im Jahr 2024 summierten sich die Verluste im Handel auf rund 4,95 Milliarden Euro. Der größte Teil entfällt auf Diebstahl durch Kunden, Mitarbeitende oder Dienstleister. Der Zusammenhang zwischen wachsender Nutzung von Self-Checkout-Kassen und steigenden Verlusten gilt in der Branche als offensichtlich.
KI-Kassen sollen Fehler verhindern
Um gegenzusteuern, setzen Händler zunehmend auf KI-gestützte Kassensysteme. In einem Markt in Düsseldorf werden solche Kassen derzeit getestet. Mehrere Kameras erfassen die Abläufe an der Kasse und analysieren das Verhalten der Kunden in Echtzeit.
Die KI erkennt, ob Artikel korrekt gescannt wurden oder ob Produkte am Scanner vorbeigelegt werden. Bei Auffälligkeiten fordert das System den Kunden auf, den Artikel erneut zu scannen. Bleibt der Fehler bestehen, wird ein Mitarbeiter informiert.
Praxistest zeigt Stärken und Schwächen
Im Test enttarnt die KI viele typische Fehler innerhalb von Sekunden. Vergessene Scans oder unabsichtliche Fehlbedienungen lassen sich so deutlich reduzieren. Dennoch ist das System nicht unfehlbar.
Ein klassischer Trick, bei dem mehrere Produkte übereinandergelegt und nur einmal gescannt werden, blieb unentdeckt. Die Betreiber sehen das gelassen. Die Technik befinde sich noch in einer Lernphase und werde mit zunehmender Nutzung besser.
Alterskontrolle per Algorithmus
Neben Diebstahlprävention übernehmen KI-Kassen auch Alterskontrollen, etwa beim Kauf von Alkohol. Die Software schätzt das Alter anhand von Gesichtsmerkmalen. Liegt es über einer definierten Grenze, wird der Verkauf freigegeben. In Zweifelsfällen übernimmt weiterhin das Personal.

Datenschutz bleibt sensible Frage
Trotz Kameratechnik sollen keine personenbezogenen Daten gespeichert werden. Die Anbieter betonen, dass Gesichter und Videosequenzen ausschließlich zur situativen Analyse genutzt und nicht archiviert würden.
Klassische Kassen bleiben
Trotz aller Technik sehen Händler die Zukunft nicht rein digital. Klassische Kassen gelten weiterhin als wichtiger Bestandteil des Einkaufserlebnisses. KI-gestützte Self-Checkout-Systeme sollen ergänzen, nicht ersetzen.
Ob KI den Warenschwund dauerhaft spürbar senken kann, bleibt offen. Klar ist: Sie ist ein Werkzeug mit Potenzial – aber kein Wundermittel.

