22. Oktober, 2025

Märkte

Kering will Luxus abstoßen: Milliardenverkauf an L’Oréal geplant

Der französische Luxuskonzern Kering steht kurz vor einem radikalen Schritt: Unter dem neuen Chef Luca de Meo soll die Kosmetiksparte – inklusive der Prestige-Marke Creed – an L’Oréal verkauft werden.

Kering will Luxus abstoßen: Milliardenverkauf an L’Oréal geplant
Hauptsitz von Kering in Paris: Der geplante Verkauf der Kosmetiksparte an L’Oréal könnte rund 4 Milliarden Dollar einbringen – Geld, das der Konzern dringend zur Entschuldung braucht.

Ein Verkauf aus Notwendigkeit, nicht aus Strategie

Kaum sechs Wochen im Amt, greift Luca de Meo zu drastischen Mitteln. Der neue Kering-Chef, einstiger Renault-Lenker, muss ein Luxusimperium sanieren, das sich in den letzten Jahren finanziell und strategisch verheddert hat. Die Gespräche mit L’Oréal, dem größten Kosmetikkonzern der Welt, sollen weit fortgeschritten sein – rund vier Milliarden Dollar stehen im Raum.

Für Kering, das 2023 noch stolz den Einstieg ins Beauty-Geschäft verkündet hatte, wäre der Verkauf eine Kehrtwende um 180 Grad. Die Kosmetiksparte galt damals als Zukunftsfeld, ein Versuch, die Marken Bottega Veneta, Balenciaga und Alexander McQueen auch im Parfüm- und Pflegegeschäft zu positionieren. Doch die Realität ist ernüchternd: Hohe Schulden, sinkende Gucci-Umsätze und eine stagnierende Nachfrage im Luxussegment erzwingen nun den Rückzug.

American Express trotzt der Konjunktur – Rekordumsatz trotz Zinsschock und Rezessionsangst
Der Kreditkartenriese profitiert von wohlhabenden Kunden, die sich vom schwächelnden Konsumklima unbeeindruckt zeigen. Im dritten Quartal erzielt American Express den höchsten Umsatz seiner Unternehmensgeschichte – und hebt die Jahresprognose an.

Die Last von 9,5 Milliarden Euro Schulden

De Meo übernimmt ein schweres Erbe. Kering, kontrolliert von der Milliardärsfamilie Pinault, kämpft mit einer Nettoverschuldung von 9,5 Milliarden Euro – bei rückläufigem Gewinn. Vor allem Gucci, einst der Goldesel des Konzerns, verliert an Strahlkraft. Der Umsatz der Marke ist in China eingebrochen, wo der Luxushunger der jungen Generation deutlich nachgelassen hat.

Während Konkurrent LVMH dank starker Markenvielfalt weiter wächst, hat Kering den Anschluss verloren. Die Modehäuser Balenciaga und Saint Laurent liefern solide, können den Einbruch bei Gucci aber nicht kompensieren. De Meos Aufgabe ist daher klar: Kapital freisetzen, das Kerngeschäft stabilisieren – und Kering von einem Sammelsurium angeschlagener Marken zurück zu einem klaren Profil führen.

L’Oréal als Gewinner des Deals

Für L’Oréal wäre der Kauf ein Coup. Der Konzern mit Sitz in Clichy würde nicht nur die Luxusparfümmarke Creed übernehmen, sondern auch die Lizenzrechte zur Entwicklung und Vermarktung von Beauty-Produkten für Kerings Modehäuser sichern. Damit würde der Kosmetikriese seine Luxuslinie strategisch erweitern – und zugleich einen direkten Zugang zu High-Fashion-Kunden gewinnen, die er bisher nur über Kooperationen erreichte.

L’Oréal-Zentrale in Clichy: Der weltgrößte Kosmetikkonzern steht kurz davor, seine Luxuslinie mit Creed, Balenciaga und Bottega Veneta Beauty zu erweitern – ein klarer Gewinnzug auf dem globalen Duftmarkt.

Die Beauty-Sparte Kerings wurde erst 2023 gegründet, als Symbol für Wachstum und Diversifikation. Der Erwerb von Creed für 3,5 Milliarden Euro galt als Meilenstein. Dass die Parfümmarke nun nach kaum zwei Jahren wieder veräußert wird, ist ein stilles Eingeständnis: Der Einstieg kam zu spät und zu teuer.

Luxus in der Krise – ein Markt im Umbruch

Die Entscheidung fällt in einer Phase, in der die globale Luxusindustrie unter Druck steht. Nach einem Jahrzehnt des ungebremsten Wachstums, befeuert vor allem durch China, zeigen sich Ermüdungserscheinungen. Junge Kunden kaufen selektiver, Inflation drückt auf die Kauflaune, und geopolitische Spannungen hemmen die Reiselust asiatischer Touristen – ein entscheidender Faktor für die Umsätze in Europa.

Während LVMH und Hermès dank ikonischer Marken und Preissetzungsmacht stabil bleiben, leidet Kering an seiner Abhängigkeit von Gucci, das fast die Hälfte des Konzernumsatzes erwirtschaftet. Der Versuch, neue Wachstumsmärkte über Kosmetik zu erschließen, ist damit vorerst gescheitert.

De Meo zwischen Turnaround und Vertrauenskrise

Der ehemalige Renault-Chef gilt als Macher – doch der Druck ist immens. Seit seinem Amtsantritt im September steht er vor der Herausforderung, ein Luxushaus zu restrukturieren, das in den vergangenen Jahren zu schnell expandiert hat. Analysten sprechen von einem „strategischen Befreiungsschlag“, andere von einem Notverkauf, der vor allem der Bilanzkosmetik dient.

De Meo will den Konzern neu ausrichten, Schulden abbauen und gleichzeitig den Fokus auf Kernmarken legen. Das Ziel: Weniger Breite, mehr Tiefe. Doch ein Verkauf an L’Oréal bedeutet auch Machtverlust – und könnte das Vertrauen der Märkte in Kerings langfristige Strategie weiter schwächen.

Das Ende eines Experiments

Sollte der Verkauf an L’Oréal tatsächlich zustande kommen, wäre das Kapitel „Kering Beauty“ nach nur zwei Jahren wieder beendet. Ein Milliardenprojekt, das als Prestigeinitiative begann, endet als finanzielle Entlastung. Für die Pinault-Familie, die Kering kontrolliert, ist das ein schmerzhafter, aber notwendiger Schritt.

Luca de Meo setzt alles auf Sanierung – und opfert dafür eines der ambitioniertesten Expansionsprojekte des Konzerns. Die Frage bleibt, ob der radikale Schnitt reicht, um Kering wieder in die Spur zu bringen. Fest steht: Der französische Luxuskonzern hat sein schönstes Parfüm noch lange nicht wiedergefunden.

Warum Anleger eine neue Bankenkrise fürchten
In den USA haben zuletzt zwei Regionalbanken unerwartete Betrugsfälle offengelegt – der Kursrutsch in der Finanzbranche ist deutlich, Europas Märkte reagieren mit Abwertung. Wie gravierend ist die Gefahr wirklich?